Unterhosen-Bomber

"Ich bin nur einer von vielen"

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Erstmals spricht Umar Faruk Abdulmutallab in Haft über seinen mörderischen Plan und kündigt an: Es wird weitere Anschläge geben.

Detroit-Bomber Umar Faruk Abdulmutallab (23) ist Amerikas Top-Gefangener im „Krieg gegen den Terror“. Der nigerianische Student, der am Christtag auf „Northwest“-Flug Nr. 253 von Amsterdam nach Detroit mittels eines versteckten Sprengsatzes 278 Menschen beinahe in den Tod riss, wird in einem Bundesgefängnis in der Stadt Milan, 80 Kilometer südlich von Detroit, verhört. Jetzt packte er aus, dass er den Airbus 330 nahe dem Flughafen sprengen wollte, damit es „keine Zweifel“ an einem Terroranschlag gegeben hätte.

Drahtzieher kamen aus Guantanamo Bay frei
Und: Er drohte mit einer Welle neuer Attacken. Er sei nur „einer von vielen“, die gerade in Trainingscamps im Jemen ausgebildet würden, so Abdulmutallab. Die Britenpolizei suchte zuletzt fieberhaft nach 25 in den Jemen abgereiste Extremisten, insgesamt sollen sich 300 im Land aufhalten. Peinlich für die USA: Zwei der Drahtzieher sind Ex-Häftlinge des US-Terrorlagers Guantanamo Bay (Kuba). Im Jahre 2007 wurden sie nach Saudi-Arabien entlassen, so ABC-TV. Kaida-Planer Muhamad Attik al-Harbi hatte die Nr, 333, Komplize Said Ali Shari Nr. 372.

Haarsträubend die Details der geplanten Attacke: US-Marschalls zeigten Fotos der perfiden Unterhosen-Bombe. 80 Gramm des Profi-Sprengstoffes Nitropenta (PETN) waren in einem 15 Zentimeter langen Päckchen im Schritt eingenäht. Der Zündmechanismus: eine mit Säure gefüllte Spritze, die das Pulver zur Explosion hätte bringen sollen. Doch zum Glück entfachte die Säure nur eine Stichflamme, die Plastikspritze schmolz, die Zündung blieb aus.

Als Schüler besuchte er den Buckingham Palace
Dabei hatte der Al-Kaida-Ableger „Arabische Halbinsel“, der sich zum Anschlag bekannte, minutiös geplant: Der Selbstmordbomber reservierte Sitzplatz 19A. Exakt die angreifbarste Stelle des Jumbos: „Dort sind die Tragflächen montiert und die Treibstofftanks“, so Experten. Tests zeigten, das schon 50 Gramm PETN ein Loch in die Hülle reißen können.

Der Schock ist groß, wie der behütete Bankersohn trotz Eliteausbildung in London auf mörderische Al-Kaida-Abwege geraten konnte. Als Schüler besuchte er den Buckingham Palast, zwischen 2005 und 2008 studierte er an einer Londoner Uni Maschinenbau. Seine „Studentenbude“: Ein 4,4 Millionen Euro teueres Luxusapartment im schicken West End.

Doch Abdulmutallab fühlte sich einsam: „Ich bin einsam“, schrieb er 2005 unter dem Pseudonym „Farouk 1986“ in Web-Foren. Er träumte schon damals vom „Heiligen Krieg“, stellte sich vor, wie die Muslime aus dem Dschihad siegreich hervorgehen „und die Welt regieren“ werden.

Terror-Experte: "Jemen ist jetzt Terrorzentrum

Rolf Tophoven leitet das Institut für Terrorismusforschung.

ÖSTERREICH: Der Flugzeug-Bomber trainierte im Jemen – wie groß ist die Gefahr, die uns von dort droht?

Rolf Tophoven: Im Jemen ist ein sehr gefährliches Terrorzentrum der Al-Kaida entstanden. In diesem Jahr hat sich der jemenitische Arm der Al-Kaida mit dem saudischen zusammengeschlossen – dort ist jetzt die Anlaufstelle für die Radikalisierung. Ein Grund: Die Regierung hat in einigen Regionen des Landes keine Kontrolle mehr, noch dazu gibt es einen Bürgerkrieg – das Land ist zerrissen.

ÖSTERREICH: Können die Anti-Terror-Aktivitäten der USA diese Gefahr eindämmen?

Tophoven: Die Amerikaner kämpfen hart gegen den Terror. Sie haben mit unbemannten Flugzeugen Top-Terroristen ausgeschaltet. Aber es sind sofort neue Anführer nachgewachsen. Auch jetzt erst, am 17. Dezember, hat es einen Schlag gegen ein Ausbildungslager gegeben. Dabei starben bis zu 60 Personen. Die Amerikaner haben den Jemen durchaus im Fokus.

ÖSTERREICH: Der Bomber sagt, Schläfer warten in England auf einen Anschlags-Befehl – wie ernst ist das zu nehmen?

TOPHOVEN: Auch der britische Geheimdienst sagt, 25 Briten wurden im Jemen ausgebildet und sind eventuell nach England zurückgeschleust worden. Wenn so etwas gelingt, ist das hochbrisant. Ich halte es für realistisch, dass auch andere europäische Muslime im Jemen ausgebildet werden. Die große Gefahr kommt, wenn sie in ihre Heimatländer einsickern, dann kann die Zelle jederzeit aktiviert werden.

ÖSTERREICH: Wie rekrutiert die Al-Kaida Männer für die Terrorcamps?

TOPHOVEN: Islamisten suchen Kontakte zu radikalen Zentren, wo der ‚Heilige Krieg‘ und Gewalt gegen die ‚Ungläubigen’ gepredigt wird. Aber auch über das Internet werden Leute rekrutiert. Aber man braucht schon eine gewisse Reputation oder eine Empfehlung eines Imam, um in so ein Camp zu kommen.

ÖSTERREICH: Was lernt man in diesen Camps?

TOPHOVEN: Die Basisausbildung des Terrors. Das Schießen mit einer Kalaschnikow, Sprengstoff basteln, religiöse Indoktrination.

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