Volkswagen machte im Vorjahr einen Verlust in Höhe von 5,5 Milliarden Euro.
Der Abgasskandal hat Volkswagen den größten Verlust in der Unternehmensgeschichte eingebrockt. Der Wolfsburger Konzern wies am Freitag für 2015 einen Nettoverlust von 1,4 Mrd. Euro aus. Verantwortlich dafür sind vor allem Rückstellungen von 16,2 Mrd. Euro, um die Last des "Dieselgate"-Skandals zu schultern.
Im Jahr zuvor hatte bei dem zwölf Marken - vom Motorrad bis zum Schwerlaster - umfassenden Fahrzeugimperium nach Steuern noch ein Gewinn von mehr als elf Milliarden Euro zu Buche gestanden.
Trotz des Rekordverlusts sollen die Stammaktionäre, darunter als größte die Familien Porsche und Piech sowie das Land Niedersachsen, eine kleine Dividende von elf Cent je Aktie erhalten. An die Vorzugsaktionäre sollen 17 Cent je Anteilschein fließen. Im Vorjahr waren an die Eigner 4,86 je stimmrechtsloser Vorzugs- und 4,80 je stimmberechtiger Stammaktie gezahlt worden. Die Bonuszahlungen an die Vorstände werden um 30 Prozent gekürzt, Teile der variablen Vergütung sollen einbehalten und erst 2018 abhängig vom Geschäftsverlauf und der Bewältigung des Skandals ausbezahlt werden.
Ohne Belastungen Gewinn
Ohne die Belastungen durch den Skandal, die sich inklusive Restrukturierungen auf 16,9 Mrd. Euro summierten, hätte Volkswagen einen Gewinn von 12,8 Mrd. Euro erzielt. Damit schnitt der Konzern leicht besser ab als im Vorjahr. Der Umsatz legte trotz niedrigerer Auslieferungen um fünf Prozent auf 213 Mrd. zu. "Das operative Geschäft des Volkswagen Konzerns ist kerngesund", sagte Vorstandschef Matthias Müller. Die aktuelle Krise belaste VW sehr stark. "Wir haben aber den festen Willen und die Mittel, die schwierige Situation, in der wir uns befinden, aus eigener Kraft zu bewältigen." Das nötige Geld hat der Konzern: Die Nettoliquidität von VW lag zum Jahresende bei 24,5 Mrd. Euro.
Für das laufende Jahr stellte Müller wegen der weltweit unsicheren Weltwirtschaftslage und den Risiken durch den Abgasskandal einen Umsatzrückgang um bis zu fünf Prozent in Aussicht. Die operative Rendite soll zwischen fünf und sechs Prozent liegen. Die im DAX notierte VW-Aktie grenzte ihre Verluste nach der Bekanntgabe der Zahlen ein.
In den USA war vor sieben Monaten durch die Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht worden, dass VW bei Diesel-Autos eine Schummelsoftware eingesetzt hat, um die Abgasvorschriften zu umgehen. Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen.
Langwierige Verhandlungen
Nach langwierigen Verhandlungen hatte sich Europas größter Autobauer am Donnerstag mit den US-Behörden auf Grundzüge eines außergerichtlichen Kompromisses geeinigt. Dieser sieht den Rückkauf von bis zu einer halben Million Dieselfahrzeugen mit 2,0-Liter-Motoren und eine Entschädigung der Autobesitzer vor. Alternativ soll Kunden eine Reparatur ihrer Wagen angeboten werden, sofern die US-Aufseher dafür grünes Licht geben. Zudem ist ein Fonds zur Förderung umweltfreundlicher Technologien vorgesehen. Die US-Regierung und Volkswagen haben nun bis zum 21. Juni Zeit, um Details einer Vereinbarung auszuarbeiten.
Noch keine Einigung gibt es über die vom US-Justizministerium verlangte milliardenschwere Strafe wegen Verstößen gegen das US-Umweltrecht. Hier standen bis zu 46 Mrd. Dollar (40,51 Mrd. Euro) im Raum. Wegen der außergerichtlichen Einigung dürfte die Strafe nach Meinung von Experten geringer ausfallen.
Zeit erkauft
Durch die Grundsatzvereinbarung in den USA bekommt VW mehr Zeit, um eine Einigung mit den zahlreichen Klägern zu erreichen, die Schadensersatz fordern. Beim Bezirksgericht in San Francisco sind hunderte Klagen von Autobesitzern und Händlern sowie von US-Behörden und dem US-Justizministerium gebündelt. Volkswagen hatte den amerikanischen Anwalt Kenneth Feinberg beauftragt, einen Entschädigungsfonds einzurichten. Mit dem Kompromiss kann er nun seine Arbeit beginnen.
Die Veröffentlichung des eigentlich für Ende April angekündigten Zwischenberichts über die interne Suche nach den Verantwortlichen und die Hintergründe des Dieselskandals verschob Volkswagen am Freitag. Die Gespräche befänden sich in einer entscheidenden Phase, die ein Höchstmaß an Vertraulichkeit durch Volkswagen voraussetze, hieß es zur Begründung.