Scharfe Kritik

"Räumen sich Taschen voll!" Investor zeigt Bawag an

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Der Anleger Klaus Umek vom Hedgefonds Petrus Advisers hat sich auf die Unternehmensführung sowie die Geschäftspraktiken der börsennotierten BAWAG eingeschossen und zeigt sie bei der Europäischen Bankenaufsicht EBA an.

Umek kritisiert, dass sich das Management auf dem Rücken der Anleger bereichere. Außerdem nehme das Unternehmen am Markt zu viel Risiko und vernachlässige das klassische Bankengeschäft. Die BAWAG war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar.

Umek stößt sich zunächst an der Vergütungspolitik des Unternehmens. So habe sich die Führung der BAWAG seit ihrem Börsengang im Jahr 2017 mehr als 200 Mio. Euro an Kompensation auszahlen lassen - eine Zahl, der angesichts eines geringen Mehrwerts für die Anlegerinnen und Anleger nicht zu rechtfertigen sei. In einem Brief an die EBA verwies der Anleger auf einen Bericht der Behörde, wonach alle fünf österreichischen Banker, die 2021 mehr als 6 Mio. Euro verdienten, BAWAG-Manager waren - und das obwohl andere heimische Banken wie die RBI oder die Erste Group wesentlich profitabler als die BAWAG seien.

Für unverhältnismäßig befindet Umek angesichts dessen auch die Vergütung von CEO Anas Abuzaakouk, der zu den bestbezahlten Managern Europas gehöre. Im Jahr 2022 verdiente er 9,4 Mio. Euro. "Diese Leute räumen sich die Tasche voll in einer Weise, dass uns das wundert, dass wir solange zugeschaut haben", so Umek am Freitag im Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten.

Grobe Mängel

Grobe Mängel ortet der Hedgefonds-Manager auch im geschäftlichen Bereich. So habe die Bank ihre Kreditvergabekapazitäten und damit ihre Möglichkeit, organisch zu wachsen, zuletzt drastisch abgebaut. "Man kann mit der BAWAG in Wahrheit nicht mehr über Kommerzkredite, nicht mehr über Klein- und Mittelbetriebskredite, nicht mehr über Hypothekarkredite sprechen." Parallel dazu habe sie ihr Engagement im Kreditgeschäft am Immobilienmarkt in den USA aber deutlich ausgeweitet und sei dort Risiken ausgesetzt. Umek wertet das als Zeichen, dass die Bank keine Kunden mehr habe, die nach Krediten fragen. "Die Performance ist extrem deplorabel, sie hat kein stabiles Modell, sie hat nicht geliefert", kritisiert der Investor die Bank.

Nicht zuletzt aber stehe die Bank im Privatkundengeschäft immer schlechter da, seit 2021 seien ihr 7 Prozent an nominellen Einlagen weggebrochen. Umek sieht die Ursache allen voran in einem sich verschlechternden Kundenangebot sowie in einem Qualitätsabfall im Kundenservice. Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der BAWAG seien unzufrieden. Von zunehmenden Beschwerden über das Service bei der BAWAG hatte zuletzt auch die Arbeiterkammer (AK) berichtet.

Die Einlagenstruktur als "Grundfeste einer Bank" sieht Umek bei der BAWAG erodieren. So könne sie nicht mehr auf liquide Kundeneinlagen bauen und müsse sich teurer Finanzierungen am Kapitalmarkt bedienen. "Die Kunden sind unzufrieden, das bringt automatisch Druck auf die Einlagensituation, wo die BAWAG mittlerweile in diversen Einlagenrechnern fast 2 Prozent mehr zahlen muss als zum Beispiel eine Raiffeisen Oberösterreich." Und: "Sie können sich daher vorstellen, wie riskant und verrückt die Kredite sein müssen, die die Bank schreibt, wenn sie so viel teurere Einlagen einwerben muss."

"Rote Linien" überschritten 

Mit all diesen Punkten würden "rote Linien" überschritten. Das Geschäftsmodell der Bank sei "nicht nachhaltig und nicht fair gestaltet", resümierte Umek. Die Bankenaufsicht sei daher gefordert, einzuschreiten. Direkt operativ beaufsichtigt wird die BAWAG von der Europäischen Zentralbank (EZB).

Umek hielt bis vor kurzem 3 Prozent der Aktien an der BAWAG, die er inzwischen verkauft hat. Vor dem Gespräch sei er eine Short-Position eingegangen, auf deren Größe er nicht weiter zu sprechen kam. Das heißt, er würde von fallenden Kursen der BAWAG-Aktie profitieren. Mit dem Bekanntwerden der Vorwürfe ist die BAWAG-Aktie heute, Freitagvormittag um knapp 12 Prozent eingebrochen, am frühen Nachmittag betrug das Minus noch über 7 Prozent. Heuer im Jänner hatte er die Bank in einem "Kurier"-Interview noch gelobt: "Sehr intelligent, sehr schnell, rein zahlengetriebene Kapitalisten", beschrieb er das Management damals. Mittlerweile habe man sich aber genauer mit der Bank beschäftigt und sei zu einer diametral entgegengesetzten Bewertung gekommen.

Bank weist Kritik zurück  

Die BAWAG hat die am Freitag seitens des Anlegers Klaus Umek vom Hedgefonds Petrus Advisers vorgebrachte Kritik an der Bank zurückgewiesen. Sie sei "inkonsistent, aus dem Zusammenhang gerissen und irreführend", schrieb die börsennotierte BAWAG am Freitagnachmittag in einer Mitteilung. Umek warf dem Management vor, sich auf dem Rücken der Anleger zu bereichern. Außerdem nehme das Unternehmen am Markt zu viel Risiko und vernachlässige das klassische Bankengeschäft.

Die BAWAG verwies darauf, in einem stark regulierten Markt tätig zu sein und daher unter den Augen der Aufsicht zu arbeiten. Auch für die Kritik am Management hat die Bank kein Verständnis. Das Bestehen einer "erstklassigen Governance-Struktur" sei ein wichtiger Bestandteil der BAWAG-Strategie, "um langfristige, nachhaltige Profitabilität zu gewährleisten". Auch die Aktienrendite könne sich sehen lassen: Seit dem Börsengang habe man mehr als 2 Mrd. Euro an Kapital an Aktionäre ausgeschüttet und die Entwicklung der europäischen Bankenindizes damit übertroffen.

Die Kritik stehe auch im Gegensatz zur Meinung, die Petrus Advisers über die BAWAG bis vor kurzem öffentlich vertreten habe. Heuer im Jänner hatte Umek die Bank in einem "Kurier"-Interview noch gelobt: "Sehr intelligent, sehr schnell, rein zahlengetriebene Kapitalisten", beschrieb er das Management damals. Mittlerweile habe man sich aber genauer mit der Bank beschäftigt und sei zu einer diametral entgegengesetzten Bewertung gekommen, sagte Umek.

Umek hielt bis vor kurzem 3 Prozent der Aktien an der BAWAG

Umek hielt bis vor kurzem 3 Prozent der Aktien an der BAWAG, die er inzwischen verkauft hat. Vor dem Gespräch ist er nach eigenen Angaben eine Short-Position eingegangen, auf deren Größe er nicht weiter zu sprechen kam. Das heißt, er würde von fallenden Kursen der BAWAG-Aktie profitieren. Für die BAWAG lässt das einen Schluss auf die "zugrundeliegende wirtschaftliche Motivation" der Aussagen Umeks zu. Es sei auch ein Indiz für "die allgemeine Glaubwürdigkeit".

Mit dem Bekanntwerden der Vorwürfe ist die BAWAG-Aktie heute, Freitagvormittag, um knapp 12 Prozent eingebrochen. Am frühen Nachmittag betrug das Minus noch über 7 Prozent.

Florian Beckermann, Vorstand des Interessenverbandes für Anleger (IVA), äußerte sich zu all dem gegenüber der APA heute folgendermaßen: "Die 'Elfenbeinturm-BAWAG' wird seit längerem scharf von Aktionären (und dem IVA im Besonderen, Stichwort: Vorstandsvergütung) kritisiert. Die Vorwürfe von Petrus Advisers waren mehrheitlich marktbekannt. Eine solche Attacke im Shortseller-Style erzeugt unerfreuliche Panikverkäufe und massive Kursverluste, wie wir sie heute sehen. Eine existenzielle Gefahr für die BAWAG ist aber nicht sichtbar. Nichtsdestotrotz können Attacken auch sinnvolle Reinigungsprozesse in Gang setzen. Diese kommen dem Aktionär hoffentlich langfristig zugute."

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