49 Jahre hat er auf dem Buckel und ist bereits nur mehr ein Schatten seiner selbst: Der Wiener Südbahnhof.
"Bis 30. 6. 2010 wird es hier nichts mehr geben", prognostizierte die für den Abriss von ÖBB-Seite verantwortliche Elke Krammer in einem Mediengespräch. In den kommenden zwei Monaten findet die sogenannte Entfrachtung statt, bei der sämtliche nicht für die Statik wichtigen Elemente wie Türen, Fenster oder Einbauten entfernt werden. Bis April sind die oberirdischen Gebäudeteile verschwunden.
Insgesamt müssen sich die Bauarbeiter um ein 80.000 Quadratmeter großes Gelände kümmern, das nicht nur den Süd-, sondern auch den Ostbahnhof und die Bahnsteigkörper umfasst. So wird bereits ab Anfang Februar die vorgelagerte Wipark-Garage abgetragen. Der Bus-, Tram- und S-Bahn-Verkehr bleibt dabei durchgängig aufrecht.
Aufwendiger wird sich dann der Abbruch der zwei unter dem Südbahnhof befindlichen Bunker gestalten, für den ab April bis zu zehn Wochen veranschlagt sind, so Martin Taborsky vom Bauunternehmen Porr. Die zwei Anlagen mit je 600 Quadratmetern und bis zu drei Meter dicken Wänden wurden ab 1939 errichtet. 1946/47 dienten sie als Notschlafstelle für Ausgebombte, später zogen Modelleisenbahnfreunde ein und bauten hier eine der größten Anlagen Österreichs, die allerdings vor eineinhalb Jahren weichen musste.
225.000 Kubikmeter Abbruchmaterial
Insgesamt werden 90 Prozent des Abbruchmaterials, das sich auf rund 225.000 Kubikmeter belaufen wird, entweder an Ort und Stelle oder anderswo wiederverwertet. So kommen allein 80.000 Kubikmeter Betonabbruch erneut zum Einsatz. Interne Baustraßen führen zu Zwischenlagerflächen inmitten des Areals, wo Beton und Gleisschotter bis zum erneuten Einsatz im neuen Hauptbahnhof verräumt wird.
Die restlichen Materialien, rund 65 Prozent des Abbruchs, werden via Schiene abtransportiert. Insgesamt kostet der Abbruch am gesamten Hauptbahnhofareal 65 Mio. Euro, auf die eigentlichen Südbahnhofarbeiten entfallen davon 12,6 Mio. Euro. Allerdings ersparen sich die ÖBB beim Neubau durch das Recycling einige Millionen.
Und auch die Restaurierungszunft profitiert vom Abriss: Den roten Engelsberger Marmor aus dem längst stillgelegten Steinbruch in Winzendorf, der in der Haupthalle zur Verkleidung der Pfeiler diente, haben sich Steinmetze bereits gesichert.
Erbaut wurde der Südbahnhof von Heinrich Hrdlicka zwischen 1955 und 1961, wobei Süd- und Ostbahnhof in einem Bahnhofsgebäude vereint wurden. Die aus dem Jahr 1874 stammenden, im Stil der Neorenaissance gestalteten Vorgängerbauten wurden abgetragen - obwohl sie den Krieg leidlich gut überstanden hatten. Nun weicht auch der Nachfolgebau dem neuen Hauptbahnhof, der ab Ende 2012 seinen Teilbetrieb aufnehmen wird. In der Zwischenzeit hat der Bahnhof Meidling die Agenden des Südbahnhofs übernommen, der dazu umfangreich modernisiert wurde.