Schön langsam kommt Bewegung in den Opel-Poker

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Im monatelangen Poker um den Autobauer Opel kommt nach einem Spitzengespräch in den USA Bewegung in die Verhandlungen. "Wir werden in den nächsten Tagen Klarheit darüber bekommen, mit welchem der beiden Bieter eine Lösung möglich ist", sagte eine mit den Verhandlungen vertraute Person. Im Rennen sind der österreichisch- kanadische Zulieferer Magna und der belgische Finanzinvestor RHJ International (RHJI).

"Es wird sich herauskristallisieren, ob wir mit Magna eine Einigung finden können oder ob wir den Finanzinvestor RHJI der deutschen Politik schmackhaft machen können", verlautete aus Kreisen des ehemaligen US-Mutterkonzerns General Motors (GM).

Viele offene Fragen

Eine Einigung in dieser Woche sei aber nicht wahrscheinlich. So hätten General-Motors-Chef Fritz Henderson und Magna-Chef Siegfried Wolf bei ihrem Spitzentreffen am Freitag (7.8.) in Detroit trotz einiger Fortschritte keinen Durchbruch erzielt. Aus der Umgebung der Beteiligten hieß es, die Gespräche hätten eine gute Richtung genommen. Es gebe aber noch eine Menge offener Fragen bezüglich der Patente und der Frage des geistigen Eigentums. GM fürchtet, dass durch die Magna-Kooperation mit dem russischen Autobauer Gaz firmeneigenes Know-how an einen Konkurrenten fließen könnte. Diese Frage scheint trotz Zugeständnissen von Magna nicht gelöst.

Ob Magna daher den Zuschlag bekommen wird, ist weiter offen. Der Opel-Betriebsrat zeigte sich zuversichtlich. Die Signale, die ihn nach dem Gespräch erreicht hätten, machten ihn "verhalten optimistisch", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz der dpa auf Anfrage. Der Betriebsrat favorisiert ebenso wie die deutsche Politik den Zulieferer Magna als neuen Opel-Eigentümer. Grund dafür ist, dass Magna weniger Stellen als RHJI in Deutschland abbauen und Opel klarer vom der ehemaligen Mutter abtrennen will.

Wie nach den Gesprächen bekannt wurde, sieht GM den Finanzinvestor RHJI weiterhin als eine "echte Alternative". Teile des GM-Managements bevorzugen den Finanzinvestor, weil nach seinem Konzept Opel enger bei GM bleiben würde. Das RHJI-Angebot sei das "einfachere Konzept", hatte GM-Verhandlungsführer John Smith in seinem Blog geschrieben. Inzwischen hat RHJI sein Angebot für Opel nachgebessert. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen verlangt das Unternehmen weniger Staatshilfen, wenn GM ihm die gleichen Lizenzgebühren für die Patentnutzung berechne wie Magna. RHJI wolle dann 3,6 Milliarden Euro statt der bislang geforderten 3,8 Milliarden Euro an Staatsgarantien.

Deutsche Politiker hatten erheblichen Druck auf GM in Richtung Magna ausgeübt. Franz fordert eine Intervention der Bundesregierung, falls es nicht bald zu einer Lösung kommt. Dann sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die GM-Spitze einbestellen. Nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer spielt GM auf Zeit und ist an einem Verkauf an Magna gar nicht interessiert. "GM hat die Verhandlungen mit Magna zu einem Hase-Igel-Rennen umfunktioniert", sagte Dudenhöffer. Der Autokonzern finde immer neue Kritikpunkte an dem Magna-Konzept. Mit jeder Verhandlungsrunde rücke der Verkauf auf einen Termin nach der Bundestagswahl - dann werde der politische Druck aus Deutschland geringer.

Magna plant Staatsgarantien in Höhe von 4,5 Mrd. Euro ein. Das Unternehmen gab einen Verlust von 205 Mio. US-Dollar (143 Mio. Euro) für das zweite Quartal bekannt. Im Vorjahreszeitraum hatte Magna noch ein Plus von 227 Mio. Dollar erzielt. Magna-Chef Wolf versicherte, das Unternehmen stehe trotz der schwierigen Lage solide da und verfüge über Cash-Reserven von 1,7 Mrd. Dollar (1,18 Mrd. Euro).

IG Metall will schnelle Entscheidung

Die IG Metall befürchtet Konsequenzen zulasten der Arbeitnehmer, falls eine Entscheidung über den Verkauf des Autobauers erst nach der Bundestagswahl getroffen wird. "Wir müssen befürchten, dass einige Verantwortliche denken, nach der Bundestagswahl weniger unter Druck zu stehen, was die Rettung der Arbeitsplätze bei Opel angeht", sagte der IG-Metall-Bezirksleiter und Opel-Aufsichtsrat Armin Schild der "Berliner Zeitung". "Dann könnten für die Arbeitnehmer deutlich unangenehmere Entscheidungen möglich sein, die man sich jetzt vor der Bundestagswahl nicht zutraut."

Unterdessen kritisierten Mitglieder der Opel-Treuhandgesellschaft die Einflussnahme der deutschen Politik auf den Verkaufsprozess. Das Gremium, das bis zu einem Verkauf 65 Prozent der Opel-Anteile hält und verwaltet, stehe unter massivem Druck seitens der Bundesregierung und der vier Bundesländer mit Opel-Standorten, dies erschwere eine objektive und sachgerechte Entscheidung, sagte Treuhänder Dirk Pfeil der Tageszeitung "Die Welt". Bund und Länder hatten sich mehrfach für Magna ausgesprochen. In der Treuhand bewertet man das Magna-Angebot wegen der ungelösten Patentfragen aber überwiegend kritisch.

GM will spätestens Mitte nächsten Jahres wieder an die Börse gehen, genau ein Jahr nach dem Verlassen des Insolvenzverfahrens am 10. Juli dieses Jahres. Das kündigte GM in der Nacht zum Samstag in einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht an. Die Mehrheit am größten US-Autohersteller hält nach milliardenschweren Hilfen die amerikanische Regierung mit gut 60 Prozent. Seit 2004 hat GM Verluste von mindestens 88 Mrd. Dollar (61 Mrd. Euro) eingefahren.

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