US-Autobauer: "Hurra, wir leben noch"

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General Motors, Ford und Chrysler - die einstigen "Großen Drei" der US-Autoindustrie - sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Aber immerhin: Alle drei einstigen Pleitekandidaten leben noch. Zu verdanken haben die Industrie-Dinosaurier ihre Rettung - mal mehr, mal weniger - dem amerikanischen Steuerzahler. Und dabei ging es um mehr als eine Abwrackprämie. Bei Autoshow in Detroit stehen die Autokonzerne von Montag (11. Jänner) an nun in der Pflicht, überzeugende Konzepte für die Zukunft vorzuweisen.

Die US-Regierung hatte General Motors (GM) und Chrysler im Frühsommer in beispiellosen Eilverfahren durch die Insolvenz gepeitscht. Jahrzehntealter Ballast ging über Bord: Werke wurden geschlossen, Marken eingestampft, Ausgaben für Gesundheit und Rente gekappt. Doch nicht nur die Mitarbeiter mussten Opfer bringen, auch die Gläubiger guckten weitgehend in die Röhre. Die USA und Kanada finanzierten schließlich den Neuanfang mit mehr als 50 Milliarden Dollar (36 Mrd Euro) und wurden dadurch zum Mehrheitseigner wider Willen.

Ford kommt ohne Insolvenz davon

Bei Ford hingegen kam der Steuerzahler geradezu billig davon. Die Nummer zwei der US-Autoindustrie profitierte zwar auch wie die Konkurrenz von der amerikanischen Abwrackprämie "Cash for Clunkers". Eine Insolvenz blieb dem Unternehmen aber erspart. Ford-Chef Alan Mulally hatte viel früher als seine Gegenüber bei der Konkurrenz die verfahrene Situation erkannt und gegengesteuert: Er strich Tausende Stellen, senkte die horrenden Sozialkosten und trennte sich noch in besseren Zeiten von den britischen Tochtermarken Jaguar und Land Rover.

Und selbst in der Krise bewies Mulally einen kühlen Kopf: Anders als bei GM, wo ein monatelanges Gezerre um die Tochter Opel am Ende eine Menge Enttäuschung hinterließ, verkaufte er die schwedische Edelmarke Volvo fast lautlos nach China. Die Belohnung: Während GM und Chrysler trotz massiver Staatshilfe immer noch rote Zahlen schreiben, erzielte Ford im zuletzt berichteten dritten Quartal schon wieder fast eine Milliarde Dollar Gewinn.

Viele Baustellen bei GM

Rivale GM ist dagegen immer noch mit sich selbst beschäftigt. Der einstige Weltmarktführer hat die massivste Schrumpfkur der "Big Three" zu verkraften: Von den sieben US-Marken werden mit Saturn und Pontiac zwei komplett eingestellt; die Geländewagen-Ikone Hummer geht überdies an einen chinesischen Spezialmaschinen-Hersteller. Auch der schwedischen Tochter Saab droht das Aus. Ein Teil der Konstruktionspläne und Werkzeuge sind schon ins Reich der Mitte gegangen.

Chrysler, der kleinste der drei großen US-Autobauer, flüchtete sich direkt aus der Insolvenz in die Arme des Fiat-Chefs Sergio Marchionne, der seine Hände auch schon nach Opel ausgestreckt hatte. Zwar halten die Italiener nur 20 Prozent an der einstigen Daimler- Tochter Chrysler. Der Rest gehört indirekt der Gewerkschaft und der US-Regierung. Doch mittelfristig kann Fiat die Mehrheit übernehmen und sich damit ein starkes Standbein auf dem vernachlässigten nordamerikanischen Markt schaffen.

Nun soll der als Sanierer und Pullover-Liebhaber bekannte Fiat- Boss Marchionne richten, was den Mannen aus Stuttgart nicht gelang. Dabei schlägt Marchionne auf der Produktseite den gleichen Weg ein wie seine Kollegen Mulally bei Ford und Edward Whitacre bei General Motors: Die Modellpalette wird radikal zusammengestrichen. Statt großer Spritschlucker sollen künftig vermehrt Kleinwagen von den Fließbändern rollen. Auf dem Gebiet ist Fiat unbestritten eine Koryphäe.

Fokus verändert sich langsam

Ihr Geld verdienen die großen US-Hersteller nicht zuletzt mangels Alternativen aber vor allem noch mit den voluminösen Modellen der Vor-Krisen-Zeit. Beliebt sind insbesondere die Pick-ups der F-Serie von Ford. Bei den Kleinwagen punkten die asiatischen Wettbewerber. Das zeigt die bittere Bilanz des Verkäufe im Gesamtjahr: General Motors schlug 30 Prozent weniger Fahrzeuge los, Chrysler musste gar eine Einbuße von 36 Prozent verkraften. Lediglich Ford kam mit einem Rückgang von 15 Prozent recht gut weg.

US-Autoexperte Paul Ingrassia stellte im "Wall Street Journal" denn auch fest, dass die Zeit der "Großen Drei" zu Ende sei. "Stattdessen wird Amerika die mittelgroßen Sechs haben." Er sieht vor allem die japanischen Konzerne Toyota, Honda und Nissan die Löcher stopfen. Und vielleicht auch Volkswagen.

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