DDR-Millionen: Bank Austria beruft, hat aber vorgesorgt

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Nach jahrelangem Streit um verschwundene DDR-Millionen ist die Bank Austria im März in zweiter Instanz zu einer Entschädigungszahlung von rund 240 Mio. Euro verurteilt worden. Die Bank hat nun dagegen berufen. Sie spricht weiter von nur "angeblichen" Forderungen Deutschlands (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, Ex-Treuhandanstalt) und weist jeden Untreuevorwurf von sich.

Der Vorwurf der Deutschen im Rechtsstreit um Vermögen der Ostberliner Firma Novum, der über das Gericht in Zürich abgehandelt wird: Eine mittlerweile verkaufte Banktochter in der Schweiz soll in den 90er Jahren an Veruntreuung von Geldern bestimmter Unternehmen in der Ex-DDR teilgenommen haben. Beim Verkauf der Bank in der Schweiz an die AKB blieben die Rechtsrisiken bei der Bank Austria. Deshalb ist die Bank Austria/UniCredit jetzt im Prozess so genannte Nebenintervenientin.

In ihren bisherigen Bilanzen hatte die Bank Austria nichts für eine allfällige Entschädigungs- und Strafzahlung vorgesorgt gehabt. Im ersten Quartal 2010 nun habe die Bank eine Rückstellung getroffen, wie ein Sprecher bestätigte. Die Höhe der Rückstellung für potenzielles Schadens- und Verfahrensrisiko bezifferte er aber nicht. Dies sei auch nur eine Vorsichtsmaßnahme und nach Einschätzung der Anwälte auch kein Präjudiz für einen etwaigen Ausgang des Verfahrens.

"Wir gehen unverändert davon aus, dass unsere Rechtsansicht bestätigt wird", sagte der Banksprecher, "dass wir unserer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind."

Aus diesem Grund habe die Bank heute Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht in der Schweiz eingebracht. Zugleich wurde Antrag auf Erteilung einer aufschiebenden Wirkung gegen das jetzt angefochtene Urteil vom März gestellt. Nach Schweizer Recht könnte nach einem Urteil in zweiter Instanz sofort vollstreckt werden, das Geld also fälliggestellt werden. Sollte die Bank abblitzen, will sie das Schweizerische Bundesgericht (Höchstgericht) anrufen.

Verliert die Bank Austria im Instanzenzug, müsste sie das bei der Bank vor Jahren behobene und seither als verschwunden geltende Geld samt der in 16 Jahren angefallenen Zinsen an Deutschland für die neuen Bundesländer überweisen.

Rückblick: Wer aus dem Westen mit DDR-Kombinaten ins Geschäft kommen wollte, musste Zwangsprovisionen an die Novum zahlen, die in den Staatshaushalt oder in die SED-Kasse flossen. Novum-Chefin war die Wiener Geschäftsfrau Rudolfine Steindling, genannt die "Rote Fini".

Der Fall hatte nach der deutschen Wiedervereinigung die Wogen hoch gehen lassen. Steindling behauptete nach der deutschen Wende, sie habe Novum treuhänderisch für die KPÖ gehalten, und transferierte die Firmen-Millionen von der damaligen Österreichischen Länderbank (später Bank Austria) auf etliche neu gegründete Konten bei deren Tochterbank in Zürich und wieder zurück. Dann legte sie das Geld anonym an.

Unter dem deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl richtete die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) den Arbeitskreis Koordinierte Ermittlungen ein, eine Sondertruppe zum Aufspüren verschwundener DDR-Gelder. Im September 2003 bestätigte das Oberverwaltungsgericht in Berlin die Rechtsauffassung der BvS, wonach die Novum und ihr Vermögen SED-Eigentum gewesen sind und somit das Geld an die Bundesrepublik gezahlt werden müsste. Schon 1994 hatte Deutschland die Bank Austria verklagt, aber den ersten Prozess verloren.

Heuer im März korrigierten die Richter den Urteilsspruch: UniCredit als neue Eigentümerin der Bank Austria muss das Geld überweisen, weil sie nach Ansicht der Richter ihre gesetzliche Sorgfaltspflicht verletzt habe. Sie hätte wissen müssen, dass über die Millionen nur mit Einwilligung der Treuhandanstalt verfügt werden durfte. Zudem hätte sie wegen der Umstände der Transfers Verdacht schöpfen müssen.

In den Augen der deutschen Behörden und ihrer Anwälte war die Novum von Anfang an ein mit der DDR-Staatspartei SED verbundenes Unternehmen gewesen, weshalb das Geld der Bundesrepublik zustehe. Die Klärung dieser Frage erfolgt erst 2004, als das deutsche Bundesverwaltungsgericht die Rechtsprechung seiner Vorinstanzen bestätigte, die Novum gehöre zum Parteivermögen der SED. Sie sei nichts anderes als eine Tarnfirma gewesen.

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