Insgesamt 4,4 Mrd. Euro hat die börsenotierte österreichische Erste Group in jenen Ländern verborgt, die unfreundlich als PIGS-Staaten abgekürzt und zusammengefasst werden. Also in Portugal, Italien, Griechenland, Spanien.
Erste-Chef Andreas Treichl hat am 12. Mai bei der Hauptversammlung heftige Kritik an undifferenzierter Darstellung geübt. Genauso sei dies vor einem Jahr mit Osteuropa passiert, wo man Usbekistan auf eine Stufe mit Tschechien stellte und Prognosen in Umlauf waren, dass sich die ganze CEE-Region in Luft auflösen würde.
"Jetzt wird Spanien in einen Topf geworfen wie Griechenland", empört sich Treichl. "Völlig absurd. Die Verschuldung von Spanien ist ein Eck niedriger als die Verschuldung von Österreich." Die Positionen in Griechenland, Portugal, Spanien und Italien bezifferte Treichl vor der Aktionärsversammlung wie folgt:
GRIECHENLAND: 700 Mio. Euro Außenstände an den Staat, 300 Mio Euro an Banken,
PORTUGAL: 300 Mio. Euro an Staat, 400 Mio. an Banken,
SPANIEN: 100 Mio. Euro an Staat, 600 Mio. an Banken,
ITALIEN: 1,2 Mrd. Euro an Staat und 800 Mio. an Banken.
Alle Länder, die man "sehr unnett PIGS, also Südschweinestaaten, nennt", seien in völlig unterschiedlichen Situationen, sagte Treichl. Als sehr bedenklich erachtet er, dass die Politik dem "Markt" nun die alleinige Schuld für die Krisenentwicklung zuschiebe, und dass sie "viel zu lang herumgezögert" habe, um dem Markt zu begegnen, meinte Treichl mit Blick auf das Euro-Hilfspaket. "Wenn wir rauswollen aus der Krise, muss eine ganz starke und konsequente Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft geben", so der Erste-Chef. Es müsse viel mehr über Lösungsmöglichkeiten gesprochen werden.
Bessert sich Lage nicht, wieder knapp 2 Mrd Kreditvorsorgen
Trotz der gegenwärtigen "Riesen-Krise" rund um die Griechenland-Schuldenprobleme ortet die Erste Group in ihren Kernregionen im Osten "doch gewisse Anzeichen", dass es mit Wirtschaft und Kreditrisikolage besser wird als voriges Jahr, als die Kreditrisikoentwicklung dramatisch war. "Wenn sich die Situation aber nicht verbessert, werden die Risikokosten wahrscheinlich wieder so hoch sein wie im Vorjahr, also knapp 2 Mrd. Euro", sagte Treichl bei der Jahres-Hauptversammlung.
Im ersten Quartal des Vorjahres seien die Kreditrisikokosten vergleichsweise relativ niedrig gewesen, die Vorsorgen machten damals in den ersten drei Monaten 370 Mio. Euro der im Gesamtjahr 2009 schließlich angefallenen 2 Mrd. Euro aus. Im ersten Quartal 2010 sind es mehr als 500 Mio. Euro gewesen, die die Bank für faule Kredite eingestellt hat.
Nähere Ausblicke zur Ertragslage für 2010 blieb Treichl auch den Anlegern bei der Hauptversammlung schuldig. "Ich will keine Prognosen machen, aber Sie lesen alle Zeitungen." In der Krise schaue man auf die Kosten, berichtete der Erste-Chef. In den vergangenen fünf Quartalen habe man die Kosten stabil gehalten.
"Nicht Banken, sondern Politiker ließen Griechen schummeln"
Dass Politiker das Griechenland-Hilfspaket so darstellten, dass man hier "ein Paket zur Rettung von Griechenland für die Banken" schnürte, ist für Treichl eine Irreführung der Bevölkerung. "Nicht wir haben 2004 übersehen, dass Griechenland falsche Zahlen abgegeben hat. Das war die Politik", sagte Treichl weiter. "Und wir haben ihnen auch nichts nachgesehen und gesagt, schummelts ruhig. Das war die Politik." Treichl wurde im Aktionärstreffen angesichts der Schuldenkrisen in einigen Ländern auch zu Schreckensszenarien für Euroland befragt. Es wäre "schade", aber nicht vollständig auszuschließen, dass es - sollte für Länder mit schwacher Produktivität der Euro zu teuer werden - zwei europäische Zonen mit zwei unterschiedlichen Währungen geben kann. "Da werden wir aber in den nächsten zwei Jahren mehr lernen."
"Zu sagen, die Banken sind an allem schuld", ist für Treichl "ein echter Mangel an Demut." "Manche Äußerungen von unseren Politikern sind absurd. Wir als Banken haben eine Verpflichtung, die Politik auch." Treichl lehnt es demzufolge auch ab, die Bankensteuer als "finanziellen Ausdruck unserer Verantwortungsübernahme" zu werten. "Es gibt wenige, die so gesprächsbereit über die Steuer sind wie ich".
Aber wenn man so eine Steuer einführe, müsse man sich im Klaren sein, dass die Steuer Kapital reduziere. Sie zu einem Zeitpunkt zu installieren, an dem die Kapitalsituation der Banken ungeklärt sei, wäre nur dann richtig, wenn man damit einen regulatorischen Effekt erzielen wolle. Knappes Kapital reduziere die Kreditvergabe. Nach Ansicht des Erste-Chefs müsse die Kreditvergabe an Private und KMU bevorzugt werden, Handelsaktivitäten hingegen könnten mit höheren Steuern belastet werden.