Krisen-Staat

EU stellt Irland Milliarden in Aussicht

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Finanzminister beschließen in Telefonkonferenz aber keine konkreten Summen.

Im Kampf gegen seine Banken-und Haushaltskrise flüchtet Irland unter den Rettungsschirm von EU und IWF. Ministerpräsident Brian Cowen sagte am Sonntagabend, die europäischen Institutionen hätten einem entsprechenden Antrag seiner Regierung zugestimmt. Einzelheiten sollen demnach in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden. Teil der Aktion sind auch Hilfen für irische Banken, die wegen der Finanz- und Immobilienkrise in eine Schieflage geraten sind. Aus EU-Kreisen verlautete, das Hilfspaket für Irland werde wahrscheinlich einen Umfang von 80 bis 90 Milliarden Euro haben. Darin sei die Hilfe für die Banken enthalten. Das Euroland Irland kämpft mit einem Haushaltsdefizit von mehr als 30 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und um Vertrauen an den Finanzmärkten. Politiker hatten zuvor Sorge geäußert, dass die irische Krise auf andere Staaten übergreifen könnte.

Pröll: "Wir haften nur, wir zahlen nicht"
"Es ist notwendig, Irland zu helfen, sonst wird der gesamte Euroraum gefährdet", erklärte Finanzminister Josef Pröll am Montag im Ö1-"Morgenjournal". Anders als im Fall Griechenland werde kein Geld überwiesen: "Wir haften im Hintergrund, aber wir zahlen nicht."

Der EU-Haftungsschirm für Irland sei nun aufgespannt, "und Irland geht hinein, und wir müssen nur Geld zahlen, wenn die Haftung schlagend wird - das sehen wir derzeit aber nicht", so Pröll weiter. Zweifellos seien das jetzt "bittere Tage für die irische Bevölkerung", denn das Land müsse 15 Mrd. Euro aufbringen bzw. einsparen.

Großbritannien zahlt rund 8 Mrd. Euro
Großbritannien wird sich mit rund 8 Mrd. Euro am Hilfspaket für Irland beteiligen, wie der britische Finanzminister George Osborne am Montag in der Früh in London ankündigte .

EU-Finanzminister stimmen zu
Die EU-Finanzminister gaben noch am Sonntagabend in einer Telefonkonferenz grünes Licht und begründeten die geplante Unterstützung Irlands mit dem Schutz ganz Europas. Der Schritt sei zur Sicherung "der finanziellen Stabilität in der EU und der Eurozone" gerechtfertigt, hieß es in einer Erklärung.

Bis Ende des Monats
EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) würden ein Darlehenspaket bis Ende des Monats vorbereiten. Es habe eine Laufzeit von drei Jahren. Die Hilfen an Irland seien gerechtfertigt, um die finanzielle Stabilität in Europa zu gewährleisten, sagte Rehn. Ähnlich äußerte sich der EZB-Rat in einer Stellungnahme. Das Paket ist demnach an strenge Bedingungen geknüpft. Der IWF ist nach eigenen Angaben bereit, Irland mit einem mehrjährigen Kredit zu helfen und schnell über ein Wirtschaftsprogramm zu beraten. Cowen zufolge erhält sein Land mit dem Hilfsprogramm einen günstigeren Zinssatz für Kredite, als zurzeit am Markt möglich wäre. Die Höhe stehe noch nicht fest. Irland muss allerdings erst Mitte des kommenden Jahres neue Schulden aufnehmen.

Schäuble zufrieden
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Abend dem ZDF, es handle sich um eine richtige Entscheidung. "Wir haben ja Vorsorge getroffen mit den Entscheidungen im Sommer diesen Jahres, dass wir in einem solchen Fall Hilfe leisten können. Vor der Bekanntgabe des Antrages hatte Schäuble die Hoffnung geäußert, dass mit dem Hilfspaket die Krise begrenzt werden könnte. "Wenn wir jetzt eine richtige Antwort auf die irischen Probleme finden, dann ist die Chance groß, dass es diesen Ansteckungseffekt nicht geben wird." Man verteidige nicht ein Mitgliedsland, sondern die gemeinsame Währung.

Die EU-Finanzminister erklärten in einer gemeinsamen Mitteilung, Irland könnte auch bilaterale Kredite von Schweden und Großbritannien erhalten. Nach einem Bericht der BBC wird sich der Beitrag Großbritanniens auf sieben Milliarden Pfund belaufen. Das Land ist nicht wie Irland Mitglied der Eurozone, britische Banken sind aber stark auf der Nachbarinsel engagiert.

Der irische Finanzminister Brian Lenihan sagte auf einer Pressekonferenz, dass die Banken des Landes schrumpfen würden. Möglich ist demnach ein Verkauf von Unternehmensteilen, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

Demonstranten in Dublin
In Irland machte sich dagegen Wut über das Krisenmanagement der Regierung breit, Demonstranten versammelten sich vor den Regierungsgebäuden in Dublin. Ein Mann wurde verletzt, als er bei einem Unfall von einer Minister-Limousine angefahren wurde. In den Schlagzeilen der irischen Zeitungen spiegelte sich am Montag der Ärger wider. Die Kehrtwende der Regierung, die zunächst beteuert hatte, keine Hilfen zu benötigen, wurde als "Demütigung" aufgefasst.

Euro gefestigt

Der Kurs des Euros stieg nach den Ankündigungen bis auf 1,3743 Dollar, nach einem Schlusskurs von 1,3683 am Freitag in New York. Devisenanalyst Richard Grace von der Commonwealth Bank in Sydney sagte, es werde ohne Zweifel eine Erholungsrallye beim Euro geben. Die Währung könnte in den kommenden 24 bis 48 Stunden auf 1,3860 Dollar steigen. Händler sind jedoch wachsam, ob die Krise nicht doch auch Portugal oder Spanien erreichen könnte. Bereits im Mai musste Griechenland mit einem Paket im Volumen von 110 Milliarden Euro geholfen werden.

Als Bedingung für Hilfen an Irland zeichnete sich am Sonntag ab, dass sich die Bürger auf drastische Kürzungen von Sozialleistungen gefasst machen müssen. Die Regierung wolle den Rotstift bei Zuwendungen an Kinder, Mindestlöhnen und beim Arbeitslosengeld ansetzen, berichteten irische Medien. Bis 2014 sollten 15 Milliarden Euro gespart werden. Irland hatte sich lange gegen Hilfen gewehrt. Einerseits sprach der Nationalstolz dagegen. Zudem wollte die Regierung vermeiden, dass sie im Gegenzug für Hilfen die Hoheit über ihren Haushalt verliert.

Streitpunkt Unternehmenssteuern

Ein Streitpunkt blieben bis zuletzt die irischen Unternehmenssteuern, die im europäischen Vergleich niedrig sind. Das Land konnte damit viele ausländische Investoren anlocken und ist damit vielen anderen Regierungen ein Dorn im Auge. Cowen sagte allerdings am Sonntagabend, die Frage nach einer Änderung der Unternehmenssteuer sei nicht aufgekommen. Auch Finanzminister Lenihan lehnte eine Erhöhung ab.

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