Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihren rekordniedrigen Leitzins nach Ansicht führender Notenbanker erhöhen müssen, bevor der Teuerungsdruck nach dem Ende der Krise wieder steigt.
Je länger die europäischen Regierungen damit bräuchten, ihre milliardenschwere Konjunkturunterstützung zurückzufahren, desto eher müsse die Zentralbank gegensteuern, sagte das italienische Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi am 11. September in Rom. "Die EZB muss Preisrisiken durch Zinserhöhungen schon begegnen, bevor die Inflation zu wirken beginnt. Um es nochmals klar zu sagen, die Phase der Erhöhungen kann nicht warten, bis die Inflation anzieht."
Nach Einschätzung von Direktoriumsmitglied Jose Manuel Gonzalez-Paramo ist offen, ob die EZB zuerst an der Zinsschraube drehen oder die bereitgestellte Liquidität für die angeschlagenen Banken wieder zurücknehmen werde. "Meine Antwort auf diese Frage ist, dass alle Optionen offen sind", sagte der Spanier in Malaga.
Maßnahmen mit Ablaufdatum
Viele Maßnahmen der EZB gegen die Krise laufen demnach nach einer gewissen Zeit von alleine aus. Zudem würden andere mit der Zeit überflüssig und von Markt nicht mehr nachgefragt, sagte Gonzalez-Paramo mit Blick auf die jüngste Devisenoperation der EZB, bei der keine einzige Bank die im Auftrag der US-Notenbank bereitgestellten Dollars abgerufen habe. "Etwas ähnliches kann auch mit vielen anderen (solchen Operationen) passieren", sagte er.
Die EZB hatte vergangene Woche ihren Leitzins bei einem Prozent belassen und wird ihn aller Wahrscheinlichkeit nach noch eine ganze Weile nicht erhöhen. Allerdings betonten zuletzt immer mehr Mitglieder des EZB-Rats, dass man sich frühzeitig Gedanken über einen Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes machen müsse.
Dabei steht der richtige Zeitpunkt im Mittelpunkt der Diskussionen. Denn erhöht die EZB den Leitzins zu früh, gefährdet sie eventuell einen beginnenden Aufschwung. Zögert sie zu lange, legt sie wahrscheinlich den Grundstein für höhere Inflationsraten.