Besser jahrelang Finanzhilfen

Furcht vor Griechenland-Umschuldung

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Ein Schuldenschnitt des Landes wäre ein Hemmschuh für zukünftige Rettungen.

Der politische und ökonomische Preis einer Umschuldung Griechenlands wäre Experten zufolge so hoch, dass ihn die EZB und die Euro-Regierungen unbedingt vermeiden wollen. Selbst wenn das heißt, das hoch verschuldete Land noch jahrelang mit Finanzhilfen über Wasser zu halten. Denn bei einer Restrukturierung des griechischen Schuldenbergs drohen der EZB und den anderen Euro-Ländern die größten Belastungen.

Umschuldung liegt nahe
Der schiere Blick auf die Fakten legt eine Umschuldung nahe: Der Schuldenberg Griechenlands wird 2012 voraussichtlich auf 160 Prozent seiner Wirtschaftsleistung steigen. Wie soll das in einer tiefen Rezession steckende Land seine Schulden je reduzieren können? Zudem neigen sich die Hilfskredite von 110 Mrd. Euro dem Ende zu - von einer Rückkehr an den Kapitalmarkt ist das Land aber wegen der weiter enormen Zinsen für seine Staatsanleihen weit entfernt.

Für einen echten Befreiungsschlag müsste Griechenland seine ausstehenden Schulden von 325 Mrd. Euro um mindestens die Hälfte abwerten, sagen Ökonomen. Rechtsexperten warnen jedoch vor den Folgen. "Wenn Griechenland einen 'haircut' macht, würde das nur funktionieren, wenn der öffentliche Sektor nicht nur dabei ist, sondern die Hauptlast schultert", sagt Mitu Galati von der Duke University in North Carolina, USA: "Und genau das ist das Alptraum-Szenario für die Politiker in Europa." Nach solchen bedeutenden Verlusten würden sie es in Zukunft sehr schwer haben, erneut einen Rettungsschirm aufzuspannen.

In einem Boot
Das Problem der EZB und der Euro-Regierungen besteht darin, dass sie mit den privaten Gläubigern in einem Boot sitzen. Die EZB hat zur Stützung des Landes bisher etwa 40 Mrd. Euro an Staatsanleihen gekauft. Darin sind die Sicherheits-Einlagen griechischer Banken für ihre Refinanzierung bei der EZB noch nicht enthalten. Die Euro-Regierungen haben Griechenland bisher 38,4 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Bis zum Ende des Hilfsprogramm 2013 werden es 80 Mrd. Euro sein. Dann werden alle öffentlichen Gläubiger zusammen nahezu die Hälfte der Verbindlichkeiten Griechenlands in ihren Büchern haben.

Anders als der Internationale Währungsfonds (IWF) können sich die EZB und die Euro-Regierungen aber bei einer Umschuldung nicht auf den Status eines Vorzugs-Gläubigers berufen. Das wird erst im dauerhaften Krisenmechanismus ESM ab 2013 der Fall sein.

EZB-Reputation steht auf dem Spiel
Vom rechtlichen Standpunkt aus gesehen, bekämen die EZB und die Euro-Regierungen also den gleichen Kurzhaarschnitt verpasst wie die privaten Gläubiger: Banken, Pensionsfonds, Versicherer. Vor allem für die EZB wäre das ein Problem: "Keine Zentralbank will diese Brücke überschreiten", sagte Anna Gelpern von der American University in Washington. EZB-Chef Jean-Claude Trichet hatte die Bond-Käufe intern nur gegen starken Widerstand durchsetzen können - vor allem gegen Bundesbankpräsident Axel Weber. Jetzt Verluste hinzunehmen, könnte die Reputation der EZB beschädigen, die damals unter schwerem politischen Druck stand.

Für die Regierungschefs der Euro-Zone wäre der Schaden ebenfalls groß. Die Alternative, den eigenen Steuerzahlern zu erklären, dass Griechenland eine weitere Geldspritze braucht, wäre zwar ebenfalls unangenehm, möglicherweise aber das kleinere Übel, als ihnen Milliardenabschreibungen verkaufen zu müssen.

Widerstand gegen Hilfe wächst
Ein Milliarden-Nachschlag könnte öffentlichkeitswirksam zudem verbunden werden mit einer "sanften Restrukturierung" der griechischen Schulden, bei der die privaten Geldgeber freiwillig einer Streckung der Rückzahlungsfristen zustimmen.

Allerdings ist unklar, ob die privaten Gläubiger dabei auch mitspielen würden. Hinzu kommen die wachsenden Widerstände in Deutschland und den nordeuropäischen Ländern, den Griechen weiter unter die Arme zu greifen statt sie ihrem Schicksal zu überlassen und in die Umschuldung zu treiben. Welchen Weg Griechenland am Ende gehen werden, ist unklar. Klar ist bisher nur eines: Eine Patentlösung für die Krise gibt es nicht.

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