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Weiter Ringen um IC-Züge Graz-Salzburg

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Tourismusverbände schlagen Alarm: Zugverbindungen immens wichtig.

Immer noch die Wogen hochgehen lässt der Plan des ÖBB-Personenverkehrs, die letzte direkte Zugverbindung zwischen Graz und Innsbruck sowie die Hälfte der Intercity-Verbindungen zwischen Graz und Salzburg zu streichen. Neben Fahrgastvertretern und Politikern in Salzburg und der Steiermark protestieren auch die Tourismusverbände im steirischen Ennstal und im Ausseerland heftig gegen das geplante Streichkonzert. Der von den ÖBB ab Dezember geplante Fahrplan würde nämlich bedeuten, dass Schladming etwa von Graz oder Wien aus kaum mehr erreichbar wäre. Und auch ein Tagesausflug von Graz nach Bad Aussee wäre mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum mehr machbar.

Wegfall der Züge für Tourismus "katastrophal"
"Ein Wegfall der Zugverbindungen wäre für die Urlaubsregion Schladming-Dachstein touristisch und wirtschaftlich gesehen katastrophal. Wir haben daher auch seitens des Tourismus gemeinsam mit der regionalen Politik alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass dies nicht passiert", sagte Hermann Gruber, der Geschäftsführer des Schladming-Dachstein-Tourismusmarketing, zu oe24.at. Ins selbe Horn stößt auch sein Kollege Ernst Kammerer vom Tourismusverband Ausseerland-Salzkammergut, der außerdem vor gewaltigen Fehlinvestitionen warnt: "Bei uns wurde zuerst der Bahnhof Bad Aussee vor wenigen Jahren um ein Vermögen renoviert und dann werden die Zugsverbindungen kräftig reduziert." Fakt ist: Ohne die bisherigen Fernverkehrs-Anschlüsse in Stainach-Irdning droht der Bahnstrecke im steirischen Salzkammergut das Aus. Die Touristiker in der Region hoffen nun auf weitere Verhandlungen, die die Bundesländer Tirol, Salzburg und Steiermark zurzeit mit den ÖBB führen. Ein Ergebnis soll es in den nächsten Tagen geben.

Erfolgreiche Ski- und Wanderzüge in den Nachbarländern

Eine Möglichkeit, die von den ÖBB gestrichenen Fernverkehrszüge zumindest im Freizeitverkehr zu ersetzen, wäre die Einführung von speziellen Wander-, Fahrrad- und Skizügen, die am Wochenende Graz direkt mit Schladming und dem Ausseerland verbinden könnten. Ähnliche Angebote werden etwa in vielen Urlaubsregionen in Deutschland und Tschechien sehr erfolgreich betrieben. Der Verkehrsverbund Oberelbe bietet zum Beispiel gemeinsam mit der Städtebahn Sachsen spezielle Skiexpresszüge von Dresden ins Erzgebirge an, Tourenvorschläge und aktueller Schneebericht auf der Homepage inklusive. Auch die Tschechischen Bahnen arbeiten in Nord- und Südböhmen seit Jahren intensiv mit Skigebieten zusammen und bieten spezielle Züge mit Skibus-Anschluss und Kombitickets für Anreise und Skipass an. Großer Beliebtheit erfreuen sich in Tschechien auch die in der warmen Jahreszeit geführten Fahrradzüge und der Fahrradverleih am Bahnhof wird ebenfalls seit Jahren weiter ausgebaut. Die ÖBB hingegen haben dieses seinerzeit beliebte Angebot bereits vor Jahren eingestellt; aus Kostengründen, wie es damals hieß.

Tourismusverbände wollen mit den ÖBB kooperieren
Schladmings Tourismus-Chef Hermann Gruber verhandelt gerade mit den ÖBB: "Wir arbeiten derzeit an einem gemeinsamen Angebotsprogramm mit den ÖBB – so wollen wir am Programm 'Wedelweissticket' (Zugfahrt plus Liftkarte und Transfer, Anm.) und einigen anderen Marketing Aktionen teilnehmen, so dass wir eine Frequenzsteigerung auf der Strecke erreichen." Doch ohne einen für den Tourismus brauchbaren Fahrplan dürfte diese Bemühungen nur wenig Erfolg haben: Nach dem neuen Fahrplan müsste man bereits kurz nach halb sechs Uhr in Graz in den Zug steigen, um noch rechtzeitig auf der Piste zu sein. Ausgerechnet die bisher von Skifahrern und Wanderern gerne genützte Verbindung um 7:38 Uhr soll nämlich gestrichen werden. Besonders bitter für die obersteirischen Toruismusregionen: Dieser Zug stellt in Leoben bisher auch den Anschluss aus Richtung Wien her. Nach dem neuen Fahrplan erreicht man Schladming von Wien aus erst am Nachmittag.

Scharfe Kritik auch von der katholischen Kirche
Landespolitiker, Tourismusvertreter und die leidgeplagten Bahnfahrgäste bekommen jetzt sogar Unterstützung von "allerhöchster" Stelle: Auch die katholische Kirche protestiert heftig gegen die geplante Streichorgie im ÖBB-Fernverkehr und warnt vor den sozialen Folgen: "Weder Politik noch ÖBB dürften offenbar ein ehrliches Interesse an einer nachhaltigen Verkehrspolitik haben", zeigt sich Hemma Opis-Pieber, Umweltbeauftragte der Diözese Graz-Seckau, entsetzt.

"Auf der Strecke Salzburg - Graz verlieren 300.000 Fahrgäste im Jahr ihren Zug, denn die Fahrgäste werden wohl kaum 4 Stunden auf den nächsten Zug warten", stellt der Salzburger Umweltbeauftragte Johann Neumayer fest. "Der Schaden für die ÖBB wird sogar noch höher sein, denn Züge mit Umsteigknoten wie Selzthal, Stainach-Irdning und Bischofshofen werden aufgrund der fehlenden Intercityzüge Salzburg - Graz deutlich weniger Fahrgäste zu verzeichnen haben", prognostiziert Neumayer.

Grüne kritisieren Rückzug der Bahn aus der Fläche

Einmal mehr kritisch zur Entwicklung im Bahn-Personenverkehr und zur von ÖBB und Verkehrsministerium kürzlich angekündigten angeblichen "Bahn-Offensive" äußert sich auch die Grünen-Verkehrssprecherin Gabriela Moser. Einerseits investierten ÖBB und Verkehrsministerium Milliarden in Tunnelprojekte im Tiroler Inntal und unter der steirischen Koralm, andererseits fehle das Geld für ein brauchbares Fernverkehrsangebot. ÖBB-Verkehrsministerin Bures verschleiere mit ihrer "Ankündigungspolitik" den Rückzug der Bahn aus der Fläche, beklagt Moser, die ein Umdenken fordert: "Zuerst müssen verkehrspolitische Ziele definiert werden. Darauf aufbauend muss ein ÖBB-Zielnetz entwickelt werden." Die Schweiz verfolge diese Strategie bereits seit Jahren höchst erfolgreich, so die Grünen-Verkehrssprecherin in einer Aussendung.

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