Notbremse

Schweiz bindet Franken an Euro

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Der Franken-Kurs soll nicht mehr unter 1,20 je Euro fallen.

Der Schweizer Nationalbank SNB ist der Geduldsfaden gerissen: Die Zentralbank begegnet der im Vergleich zum Euro rekordstarken heimischen Währung mit einer der heftigsten Gegenmaßnahmen, die ihr zur Verfügung stehen. Sie setzt dem Kurs des Schweizer Franken eine Höchstgrenze zum Euro, die sie unter allen Umständen verteidigen will. Es gilt als "die ultimative Waffe".

Dazu ist die SNB auch bereit, die zeitweise sehr umstrittenen Eurokäufe wieder aufzunehmen. Sie wolle wenn nötig uneingeschränkt Devisen kaufen, um den Märkten die Stirn zu bieten, teilte die Notenbank am Dienstag mit. Zuletzt hatte die SNB im Frühling 2010 versucht, so die Frankenaufwertung zu bremsen.

Devisenkäufe können verhindern, dass der Eurokurs erneut absinkt, aber sie bergen wegen der wachsenden Franken-Geldmenge auch ein Inflationsrisiko. Das Placet der Politik haben die SNB und ihr Präsident Philipp Hildebrand dennoch: Der Bundesrat, alle großen Parteien, wichtige Wirtschaftsverbände und die Gewerkschaften begrüßten den bereits als historisch taxierten Schritt.

Mindestens 1,2 Franken für einen Euro
Die SNB will einen Wechselkurs von unter 1,20 Franken je Euro künftig nicht mehr tolerieren. Damit legt sie faktisch einen Höchstkurs für den Franken von 0,833 Euro fest.

Hintergrund der Intervention ist die heftige Aufwertung des Franken in den vergangenen Monaten und Jahren: Ausgehend von einem Kurs von 0,60 Euro Ende 2007 hat der Franken zu vielen wichtigen Währungen stark zugelegt. Seither stieg die Schweizer Währung zum Euro um bis zu 60 Prozent auf fast einen Euro. Nachdem die SNB mehrmals daran gescheitert war, wesentlich geringere Höchstkurse als 0,833 Euro je Franken zu verteidigen, hatte sie ihre Maßnahmen unlängst intensiviert.

Den Leitzins senkte sie auf faktisch null Prozent, den heimischen Geldmarkt flutete sie massiv mit Liquidität. All dies hinderte die Investoren aber nicht, die Schweizer Währung wegen der Schuldenkrise weiter als "sicheren Hafen" anzulaufen.

Starker Franken "Massive Bedrohung für Schweizer Wirtschaft"
"Die gegenwärtige massive Überbewertung des Schweizer Frankens stellt eine akute Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft dar und birgt das Risiko einer deflationären Entwicklung", heißt es in einer knappen SNB-Mitteilung. Und: "Die Nationalbank wird den Mindestkurs mit aller Konsequenz durchsetzen und ist bereit, unbeschränkt Devisen zu kaufen." Praktisch bedeutet das: Die Zentralbank würde immer, wenn der Wechselkurs die Zielmarke überschreitet, Euro kaufen - und dafür Franken auf den Markt werfen. "Der Franken ist auch bei 1,20 pro Euro hoch bewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen", lautet die optimistische Prognose. Ausdrücklich behält sich die Notenbank weitere Maßnahmen vor, ohne dabei allerdings ins Details zu gehen.

Der starke Franken belastet die Schweizer Exportwirtschaft enorm, weil er deren Waren auf Auslandsmärkten deutlich verteuert. Auch die Einzelhändler im Schweizer Grenzgebiet bekommen die folgen zu spüren: Die gewaltig gestiegene Kaufkraft des Franken hat einen kräftigen Einkaufstourismus ausgelöst, von dem Händler in grenznahen Orten kräftig profitieren. Auch in Vorarlberg.

Experten: "Drastischer Schritt"
Experten sprechen von einem drastischen Schritt der SNB: "Das war ein Quantensprung gegenüber der vorherigen Interventionspolitik", sagte die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro. Der Schritt sei sicherlich keine einfache Entscheidung gewesen. "Die Übertreibungen des Schweizer Frankens in der letzten Zeit, die waren wirklich massiv", sagte die Schweizer Wissenschaftlerin. Ein Schaden für die Wirtschaft sei absehbar gewesen. Eine unmittelbare Gefahr zur Inflation sehe sie nun jedoch nicht. Wenn die Ankündigung wirke, sei keine laufende Intervention durch die Notenbank nötig.

Heftige Reaktion der Finanzmärkte
An den Finanzmärkten sorgte die Ankündigung für massive Kursbewegungen. Der Kurs des Euro zum Franken sprang in einer ersten Reaktion um mehr als 8 Rappen bis auf 1,2158 Franken. Später pendelte er sich knapp über dem von der Notenbank angepeilten Mindestkurs ein. Zudem fiel der Goldpreis zeitweise massiv zurück. Nach einem Rekordhoch bei 1.920,25 US-Dollar (1.361,98 Euro) im frühen Handel rutschte der Preis für das Edelmetall zeitweise bis auf 1.860 Dollar zurück, nahm später aber wieder Kurs auf die 1.900-Dollar-Marke.

EU nimmt Schweizer Entscheidung "zur Kenntnis"
Spitzenvertreter des Euro-Raumes wollten die Züricher Entscheidung nicht näher kommentieren. Man nehme die Entscheidung der SNB "zur Kenntnis", hieß es lediglich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Ähnlich einsilbig gab sich ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel: "Die Kommission hat Kenntnis von der Entscheidung genommen, die von der Schweizer Nationalbank in eigener Verantwortung getroffen wurde.

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