Opfer der Lehman-Pleite gehen meist leer aus

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Die Pleite der US-Bank Lehman Brothers hat zahlreichen Kleinanlegern in Deutschland die Hoffnungen auf ein entspanntes Pensionistenleben zerstört. Durch die Insolvenz am 15. September 2008 wurden Lehman-Zertifikate, in die viele der vorwiegend älteren Kunden ihre Altersvorsorge investiert hatten, auf einen Schlag wertlos. Fast ein Jahr und zahlreiche Gerichtsprozesse später zeichnet sich ab: Viele Anleger werden wohl auf ihren Verlusten sitzen bleiben. Beinahe wöchentlich beschäftigen sich Gerichte in Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt mit Klagen von Lehman-Anlegern. Auch in Österreich sind Klagen von geschädigten Anlegern in Lehman-Produkte gerichtsanhängig.

Die deutschen Richter müssen in jedem Verfahren gesondert klären, ob die Banken im konkreten Fall bei der Beratung versagt oder die Anleger selbst das Risiko unterschätzt haben. Sammelklagen sind nicht möglich. Nur wenige der schätzungsweise 40.000 Geschädigten in Deutschland bekamen bisher einen Teil des angelegten Betrages von ihren Banken zurück. Manche Richter kreideten den Geldhäusern an, sie hätten Risiken verschwiegen oder nicht auf Provisionen hingewiesen, die sie durch den Verkauf von Zertifikaten einkassierten. In anderen Fällen wurden Banken von einer Schuld komplett freigesprochen. Die meisten Institute, die verurteilt wurden, haben Berufung angekündigt.

"Die Urteile kann man nicht verallgemeinern. Jeder Fall muss einzeln verhandelt werden", erläutert Anlegeranwalt Klaus Nieding von Nieding & Barth. Wer eine Rückerstattung einklagt, muss sich auf einen jahrelangen Ritt durch die Instanzen einstellen. Anwälte gehen davon aus, dass es noch drei bis fünf Jahre dauert, bis der erste Fall vor dem Bundesgerichtshof landet. "Erst dann wird es wohl ein Grundsatzurteil geben, das auf andere Fälle angewendet werden kann", sagt Petra Brockmann von der Rechtsanwaltskanzlei Hahn. Genaue Zahlen über Geschädigte und deren Verluste gibt es nicht. Nach Schätzungen der Verbraucherzentrale Hamburg beläuft sich die Schadenssumme auf fast 700 Mio. Euro. Auch die Zahl der Gerichtsprozesse lässt sich nur schwer beziffern - in ganz Deutschland dürften es einige Hundert sein.

In großem Stil haben die Citibank, die zur Commerzbank gehörende Dresdner Bank sowie Sparkassen in Hamburg, Hannover und Frankfurt Zertifikate von Lehman verkauft, meist in einem Volumen von 10.000 bis 50.000 Euro pro Kunde. Vor allem älteren Anlegern seien sie als "sichere" Sparprodukte angepriesen worden, werfen Verbraucherschützer den Banken vor. Zertifikate haben aber ein Emittentenrisiko, im Fall einer Pleite der herausgebenden Bank droht Anlegern ein Totalverlust.

Risikohinweise teilweise nicht ausreichend

In einzelnen Härtefällen - also bei schwer kranken, sehr alten oder bedürftigen Menschen - haben einige Banken bereits von sich aus einen Teil der angelegten Summen zurückerstattet. Auch gaben sie vereinzelt zu, womöglich nicht immer ausreichend auf Risiken hingewiesen zu haben. So erhielten bei der Citibank etwa 1.500 der rund 8.000 Lehman-Anleger ein Angebot zur Rückerstattung. Die Hamburger Sparkasse (Haspa) zahlte 1.000 der 3.700 Lehman-Kunden aus. Auch einzelne Kunden von Volksbanken wurden entschädigt.

Vorwürfe, Berater hätten nur Lehman-Zertifikate verkauft, weil sie dafür satte Provisionen kassiert hätten, weisen Banken allerdings zurück. "Die Vertriebsprovisionen für Zertifikate liegen auf dem Niveau vergleichbarer Produkte wie Fonds", erklärt etwa die Dresdner Bank. Außerdem habe sich zum Zeitpunkt des Verkaufs der Papiere niemand vorstellen können, dass deren Emittent Lehman tatsächlich pleitegehen könne, heißt es in der Branche. "Damals war Lehman eine Bank wie andere mit einer hohen Reputation", sagt eine Sprecherin der Haspa. Das Unerwartete ist eingetroffen, der Schaden daraus macht klüger. Die Dresdner Bank, die nach eigener Auskunft einzelne Kunden entschädigt hat, verspricht, Risiken künftig "noch ernster" zu nehmen.

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