Schweizer Nationalbank vor heiklem Zins-Entscheid

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Die schweizerische Nationalbank (SNB) steht vor einer heiklen Aufgabe: Sie muss das Geld, das sie zur Bekämpfung der Krise großzügig in den Wirtschaftskreislauf gepumpt hat, wieder abschöpfen. Sonst droht eine Inflation. Geht sie aber zu forsch vor, würgt sie die Erholung der Konjunktur ab.

Am 17.9. entscheidet das dreiköpfige Direktorium der SNB, ob die Zinsen auf einem Rekordtief bleiben. Auf diese Weise wird die Wirtschaft mit billigem Geld versorgt, was etwa Investitionen fördern soll. Die SNB peilt derzeit einen Dreimonats-Libor von 0,25 Prozent an. Sie kann diesen Marktzins, den sich Geschäftsbanken untereinander für ungedeckte Kredite verrechnen, aber nur indirekt steuern. Zuletzt hielt sich der Dreimonats-Libor hartnäckig bei 0,3 Prozent.

An der expansiven Geldpolitik der SNB dürfte sich vorerst nichts ändern, wie von der Nachrichtenagentur sda befragte Ökonomen erwarten - trotz erster Anzeichen einer konjunkturellen Erholung. "Es ist noch zu früh für eine Zinserhöhung", findet Claude Maurer von der Credit Suisse. Er sehe keine unmittelbare Notwendigkeit für eine Anpassung, sagt auch Janwillem Acket von der Zürcher Privatbank Julius Bär. Gleicher Ansicht sind UBS-Ökonom Christoph Arnold und Bernard Lambert von der Genfer Privatbank Pictet.

Düsteres Bild der Schweizer Konjunktur

Credit-Suisse-Ökonom Maurer verweist darauf, dass die SNB bisher eher ein düsteres Bild von der Schweizer Konjunktur zeichne. Er sei gespannt, ob die SNB bei ihrer Prognose bleibe. Demnach schrumpft die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um bis zu 3 Prozent, und nächstes Jahr ist mit einem Nullwachstum zu rechnen. Maurer geht von einem moderateren Rückgang des BIP im laufenden Jahr aus und prognostiziert für 2010 bereits wieder ein leichtes Wachstum der Schweizer Wirtschaft.

UBS-Ökonom Arnold rechnet zwar mit einem oder zwei stärkeren Quartalen in den USA wie in der Euro-Zone, geht aber davon aus, dass sich das Wachstum 2010 wieder abschwächen wird. Dieser Impuls genüge nicht, um in der Schweiz längerfristig einen starken Aufschwung herbeizuführen.

Der Privatkonsum - ein wichtiger Pfeiler der Konjunktur in der Schweiz - leide unter der steigenden Arbeitslosigkeit, erläutert Arnold. Und wegen der nach wie vor geringen Auslastung der Produktion sei kein starkes Anziehen bei den Investitionen zu erwarten.

Derzeit kein Teuerungsdruck bemerkbar

Neben der Wachstumsprognose interessieren sich die Ökonomen auch für die Inflationserwartungen der Nationalbank. Derzeit gebe es trotz expansiver Geldpolitik aber keinen Teuerungsdruck, der eine Zinserhöhung notwendig erscheinen lasse, konstatieren Maurer und Arnold übereinstimmend.

Die SNB habe bereits reagiert, um die Geldmenge nicht weiter steigen zu lassen, erklärt Maurer. So würden keine Repo-Geschäfte mehr für ein Jahr angeboten. Bei Repos verkaufen Geschäftsbanken Wertpapiere für eine bestimmte Dauer an die SNB und zahlen für die erhaltene Summe einen Zins.

Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise hatte die SNB die Laufzeiten der Repo-Geschäfte deutlich ausgedehnt. Damit sollten die Geschäftsbanken, die sich gegenseitig nicht mehr trauten und sich kaum mehr Geld ausliehen, großzügig mit Liquidität versorgt werden.

Franken-Obligationen privater Schuldner gekauft

Zudem kaufte die SNB Franken-Obligationen privater Schuldner, um der Gefahr einer Kredit-Klemme entgegenzuwirken. Die Ökonomen erhoffen sich nun auch Informationen darüber, ob die Nationalbank diese unüblichen Maßnahmen weiterzuführen gedenkt. Die SNB intervenierte auch am Devisenmarkt, um ein Erstarken des Franken zu verhindern. Denn ein starker Franken schadet der wichtigen Schweizer Export-Industrie.

UBS-Ökonom Arnold ist der Ansicht, dass die SNB auch aus diesem Grund nicht vorprescht und die Zinsen erhöht. Damit würde sie die Attraktivität des Franken wieder steigern. "Die Nationalbank setzt ihre erfolgreiche Strategie zur Verhinderung einer Franken-Aufwertung nicht aufs Spiel", ist Arnold überzeugt.

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