Suche nach neuem Geschäftsmodell für Hypo beginnt

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Nicht alle Teile der durch eine Not-Verstaatlichung und letzte Geldzuschüsse der Alteigentümer geretteten Kärntner Hypo Bank werden nach Ansicht von Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny erhalten bleiben können. Der werthaltige Teil mit dem ordentlichen Grundgeschäft, der "gesunde Kern", gehöre weitergeführt, "aber andere Teile können nicht fortgeführt werden", verwies Nowotny am "Runden Tisch" des ORF-Fernsehens bei einer Diskussion zum Thema Hypo auf ein "Good-Bank- und Bad-Bank-Modell".

Nach der Feststellung der Bankstrukturen, um erst einmal bilanzieren zu können, müsse man sich über das künftige Geschäftsmodell der aufgefangenen Bank klarwerden: "Das bisherige kann es offenbar nicht sein", so der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Danach sei die Frage zu beantworten, "wer ist das Management, dem ich diese Aufgaben anvertraue, das ist Sache der neuen Eigentümer das zu entscheiden". Aus aller Erfahrung seien dafür "leistungsfähige Personen nötig". Und schließlich müsse der Ruf der Bank wiederhergestellt werden.

Für die Vergangenheit betonte Nowotny, dass die Möglichkeiten der Finanzmarktaufsicht (FMA) und auch der OeNB eingeschränkt seien. Sie seien "keine Superwirtschaftsprüfer", "wir können nur Risikosysteme überprüfen, ob sie state of the art sind. Wir stellten fest, dass ist bei der Hypo nicht der Fall, daher kam ein neues Risikomanagement." Man werde sich die vergangenen Geschäfte der Kärnten-Hypo "sehr genau ansehen" müssen und auch allen Gerüchten zu Südosteuropa nachgehen: "Einen Geschäftsbereich, den ich nicht kontrollieren kann, soll ich nicht machen", deponierte Nowotny.

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (S) sprach sich für mehr Kompetenzen für die Bankenaufsicht aus und kündigte eine entsprechende Initiative an: "Wir werden demnächst ein Aufsichtsverbesserungspaket vorstellen." Damit solle die Aufsicht gestärkt werden und "schärfere Zähne" bekommen. Dem erst seit Juni amtierenden neuen Hypo-Chef Franz Pinkl bescheinigte Schieder, er habe bei den Rettungsgesprächen in den vergangenen Tagen eine "sehr konstruktive und positive Rolle gespielt", die Regierung werde mit ihm das Zukunftskonzept für die Bank erörtern. Grundproblem bei der Hypo seien die "extrem verantwortungslosen Eigentümer" gewesen, so Schieder, deren "Strafe eins" nun sei, dass "alle drei ordentlich bluten und noch eine Milliarde hinterlassen" müssten, damit die Bank weitergeführt werden kann.

Bank ist laut Scheuch zu schnell gewachsen

Kärntens BZÖ-Landesparteiobmann Uwe Scheuch verwahrte sich gegen den Ausdruck "saftige Bestrafungsaktion" und bezeichnete eine solche Sichtweise als "ungeheuerlich". Auch die permanenten Seitenhiebe, es gebe hier einen Selbstbedienungsladen der Kärntner Landesregierung, seien unangebracht. Es gebe eine Verantwortung des Bank-Vorstands und der Manager, die dingfest zu machen sei: "Ich verstehe nicht, warum man versucht, eine politische Verantwortung beim BZÖ in Kärnten festzumachen." Ja, die Bank sei zu schnell gewachsen, ja, man hätte hier vorsichtiger agieren müssen, meinte Scheuch: Alle hätten Fehler gemacht, alle müssten daraus lernen, aber die FMA und andere hätten da zugesehen. In Wahrheit sei die Verantwortung bei den Bayern mit 67 Prozent Anteil an der Hypo zu suchen, nicht bei Kärnten mit nur 12 Prozent: "Wir haben als Land Kärnten den Beitrag geleistet, den wir leisten konnten."

Der Bankenexperte Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanzzentrum hielt dem entgegen, das Land Kärnten habe mit der Hypo "zweimal gewonnen", einmal beim Verkauf an die BayernLB und jetzt bei der Rettung. Aus seiner Sicht habe eine Bank wie die Hypo "die Existenzberechtigung verloren", aber "die Sparer dürfen nicht die Zeche bezahlen". Die Aufsichtsbehörden hätten weltweit versagt, verwies Gerke, der früher auch an der Uni Erlangen lehrte, auf die US-Börsenaufsicht und den Fall Madoff: "Wir müssen die Manager, die das Vermögen so vernichten, stärker in die Haftung nehmen." Im übrigen glaube er, Österreich stehe im Bankenbereich noch vor einer Konsolidierung, "Österreich ist Spitzenreiter beim overbanking, da könnte Österreich noch einen wahnsinnigen Druck bekommen".

Pröll will Haftungsübernahme durch Länder begrenzen

Finanzminister Josef Pröll (V) will unterdessen die Übernahme von Haftungen durch Bundesländer oder den Bund gesetzlich beschränken. "Es kann nicht sein, dass ein Land mit zwei Mrd. Euro Jahresbudget das zehnfache an Haftungen eingeht" und damit ein großes Risiko für die gesamte Republik, sagte er in der "ZiB 2". Als "Lehre aus der Krise" um die Hypo müssten Obergrenzen für Haftungen eingezogen und Maßnahmen für eine "bessere Übersicht" über die Verpflichtungen der Länder getroffen werden.

Für Kärnten setzte es einen scharfen Rüffel des Finanzministers: "Ich habe die Nase schön langsam voll ... das Maß ist voll", kritisierte er scharf, dass die Landes-Verantwortlichen "so tun als wäre nichts geschehen" und nur Scheinargumente vorbrächten. Pröll missfällt auch, dass die Kärntner Regierung trotz anspannter Budget- und Defizitsituation Geldgeschenke an die Bevölkerung verteilt. In solch einer Lage habe er "kein Verständnis für populistische Elemente, die zu mehr Schulden führen".

Dass die Republik Österreich die schwer angeschlagene Bank übernimmt, verteidigte Pröll. Hätte man die Hypo in den Konkurs gehen lassen, "wäre nicht nur in Kärnten das Licht ausgegangen". Dies hätte auch dramatische Auswirkungen für Österreich haben können, weil die 19 Mrd. Euro Haftung schlagend geworden wären. Zudem hätte ein Insolvenz auch in anderen europäischen Ländern einen "Dominoeffekt" auslösen können, "der sich gewaschen hätte". Zuschussbedarf über die 450 Mio. Euro hinaus zeichne sich für den Bund derzeit nicht ab. Für die Zukunft werde man eine neue Struktur andenken müssen, sagte Pröll. Zunächst gehe es jedenfalls einmal darum, sich Klarheit zu verschaffen, was zu der Beinahe-Pleite führte.

Bundesländer zeigen sich gesprächsbereit

In den Bundesländern gibt es nach dem Zusammenbruch der Kärntner Hypo und dem Bewusstsein, dass die Landeshaftungen über 18 Mrd. Euro das Bundesland bei einer Bankeninsolvenz mitgerissen hätten, eine breite Zustimmung zur Offenlegung von Landeshaftungen und Gesprächsbereitschaft zu einer Beschränkung. Entsprechend äußerten sich die Landeshauptleute in Tirol, Oberösterreich und Wien. Insbesondere für ihre Landeshypos haben manche Bundesländer Milliardenhaftungen offen.

Wiens Landeshauptmann Michael Häupl (S) zeigte sich gesprächsbereit, nach der Causa Hypo Alpe Adria Bank die Übernahme von Haftungen durch Bundesländer gesetzlich zu beschränken. "Über das kann man sicher reden - gar keine Frage", stellte Häupl in seiner wöchentlichen Pressekonferenz fest. Häupl verwies darauf, dass die Rahmenbedingungen für Beihilfengewährungen durch den EU-Beitritt andere geworden seien.

Die Haftungen der Stadt Wien beziehen sich vor allem auf die Bank Austria aus Zeiten der Zentralsparkasse. Laut Rechnungsabschluss 2008 lagen die - jährlich sinkenden - Bank Austria-Haftungen bei 14,4 Mrd. Euro, nach 16,2 Mrd. Euro im Jahr 2007. Dazu kommen noch rund 400 Mio. Euro an weiteren Haftungen. Wien hat ein laut Voranschlag 2010 ein Jahresbudget von 11,45 Mrd. Euro

Oberösterreichs Landeshauptmann und Finanzreferent Josef Pühringer (V) - ist, wie er selbst sagt, diskussionsbereit für die Einführung von Haftungsgrenzen für alle Gebietskörperschaften, die in Relation zur Budgetgröße und Finanzkraft stünden. Auch einen von ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf ins Gespräch gebrachten "Aufsichtskommissär" für Pleite-Länder fürchtet Pühriger nicht, wie er im Gespräch mit der APA sagte. Oberösterreich werde "sicher nicht pleitegehen".

Aufgrund der Skandale in Kärnten dürfe nicht auf andere Bundesländer geschlossen werden, betonte der Landeshauptmann. Das "grobe Fehlverhalten" eines Landes könne nicht zu Strafmaßnahmen für alle Länder führen. Was die Kärntner gemacht hätten, sei "verantwortungslos zur Potenz", kritisierte Pühringer. Mit dem oberösterreichischen Haftungsmodell für mittlere und größere Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von 150 Mio. Euro werden aktuell KTM Kühler und Quanmax unterstützt, darüber hinaus gab es Individuallösungen für die Leitbetriebe Lenzing und KTM Power Sports.

Salzburg haftet für 1,1 Mrd. Euro

Das Land Salzburg hat derzeit Haftungen in der Höhe von über 1,1 Mrd. Euro. Den größten Brocken davon machen Haftungen für die Wohnbauförderungsdarlehen aus dem Landeswohnbaufonds aus, die sich auf 696 Mio. Euro belaufen, wie das Büro des Finanzreferenten David Brenner (S) der APA auf Anfrage mitteilte. Mit weiteren 330 Mio. Euro haftet Salzburg für die Pensionen und Abfertigungen der Bediensteten der Salzburger Landeskliniken. Für Verbindlichkeiten der Messezentrum GmbH haftet das Land mit 55 Mio. Euro und für Darlehen der Chirurgie West Errichtungs- und Vermietungs Gesellschaft mbH mit 43 Mio. Euro. Schließlich gibt es noch eine Haftung über 4 Mio. Euro aus dem Betriebsfestigungsgesetz. Mit einem Rufzeichen vermerkte Brenners Pressesprecher Roland Graffius schließlich, dass das Land Salzburg in keinerlei Geschäftsbeziehung zur Hypo Alpe Adria steht.

Das Land Steiermark haftet aktuell für 5,7 Mrd. Euro bei einem Budget von 5,1 Mrd. Euro für 2010. Wie Finanzlandesrat Christian Buchmann (V) auf Anfrage mitteilte, sind davon 4 Mrd. Euro Haftungen für die Hypo-Landesbank Steiermark (als Minderheitseigentümer hält das Land 25 Prozent plus eine Aktie, die RLB hat die Mehrheit) und 1,2 Mrd. Euro für die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes. 500 Mio. Euro sind Sonderhaftungen und Haftungen diverser Dienststellen. Die Gesamtverschuldung des Landes beträgt laut Buchmann für das kommende Jahr 1,65 Mrd. Euro, wovon 684 Mio. Euro echte Schulden seien, der Rest sind Sollstellungen und innere Anleihen. Das Rating des Landes Steiermark liegt bei AA+.

Das Land Tirol haftet mit 6,9 Mrd. Euro für Altverbindlichkeiten der Landesbank Hypo Tirol, die bis 2017 beschränkt sind. Danach bleibt laut Landeshauptmann Günther Platter (V) eine unbeschränkte Haftung von 1,8 Mrd. Euro übrig. Dazu kommen laut Rechnungsabschluss 2008 sonstige Haftungen von 76,7 Mio. Euro. Platter ist für eine gesetzliche Beschränkung.

Das Land Vorarlberg haftet mit 7 Mrd. Euro für seine Hypo, sagte Landeshauptmann Herbert Sausgruber. In Niederösterreich gibt es für die Hypo NÖ eine Haftung des Landes von 6,8 Mrd. Euro. Das Landesbudget beträgt 7,4 Mrd. Euro. In Kärnten sind 18 Mrd. Euro an Haftungen des Landes für die Hypo Alpe Adria ausständig.

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