Vermögensbesteuerung bleibt Reizthema

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Vermögen sollten in Österreich stärker besteuert, die hierzulande überdurchschnittlich hohe Besteuerung des Faktors Arbeit hingegen gesenkt werden - darüber herrschte bei einer Diskussion in der Arbeiterkammer (AK) Wien grundsätzlich Einigkeit. Aber auch die Widerstände gegen Vermögensbesteuerung seien groß. Angesichts der gestiegenen Staatsausgaben gerade in der Krise betonte Otto Farny von der AK die Notwendigkeit höherer Staatseinnahmen. Einer wirksamen Vermögenszuwachsbesteuerung würde in Österreich das Bankgeheimnis entgegenstehen, daher müsste die Debatte dort ansetzen, meint Farny.

Unselbstständige, Pensionistinnen und Kleinverdiener wären von einer Lockerung des Bankgeheimnisses ohnehin nicht berührt, da Spareinlagen ja schon jetzt mit der 25-prozentigen Kapitalertragssteuer endbesteuert seien. Nun da unter OECD-Druck das Bankgeheimnis für Ausländer gelockert wurde, bewege sich vielleicht auch hier etwas, hofft Farny. Der AK-Experte fordert eine Vermögensbesteuerung, die es derzeit in Österreich kaum gebe, und eine strukturelle Steuerreform.

Vermögen ist in Österreich ungleich verteilt: Ein Prozent der Haushalte verfüge über fast 30 Prozent des Geldvermögens, erläuterte Gabriele Michalitsch von der Universität Wien. Vermögensbesteuerung solle größere Vermögen, aber nicht "Häuselbauer" treffen und durch Verwendung des Geldes für soziale Zwecke dazu beitragen, Chancengleichheit in der Gesellschaft nicht nur formal, sondern real zu verwirklichen.

Zwei Jahrzehnte lang habe neoliberale Politik versucht, durch eine Reduktion der finanziellen Basis des Staates die Staatsaufgaben auszuhöhlen, kritisiert sie. "Dass die Vermögensbesteuerung in Österreich als nicht durchsetzbar gilt, ist Spiegel der herrschenden Verhältnisse", meint Michalitsch: Vermögen bedeute eben auch ökonomische, politische und mediale Macht.

Kapitalflucht ist keine Gefahr

Eine Besteuerung der großen Vermögen würde auch stabilisierend wirken, weil durch die weltweit gestiegene Konzentration von Vermögen die Finanzmärkte aufgebläht wurden und schließlich die Blase platzte, sieht Michalitisch einen positiven Effekt gegen krisenhafte Turbulenzen. Die Gefahr einer Kapitalflucht aus Österreich bei Einführung von Vermögensbesteuerung sieht Michalitsch nicht, denn Privatstiftungen, in denen viele große Vermögen geparkt sind, würden ohnehin schon jetzt bei der Auflösung besteuert.

Den europäischen Vergleich brachte Wirtschaftsexperte Karl Goldberg von der Dienstleistungsgewerkschaft vida ein: In den EU-15-Ländern sei die vermögensbezogene Besteuerung seit 1980 gestiegen, in Österreich aber gegen den internationalen Trend gesunken. Der Beitrag von Vermögensbezogenen Steuern zum BIP lag demnach 1980 in den EU-15-Ländern bei 1,46 Prozent, 2005 bei rund 2 Prozent. Hingegen sei in Österreich der Anteil der Vermögenssteuern im Jahr 2007 auf 0,6 Prozent des BIP gesunken. Echte Vermögenssteuern gebe es etwa in Frankreich, wo die Besteuerung ab 770.000 Euro Vermögen beginne, und in der Schweiz.

Für Steuerberater Gottfried Schellmann könnte Vermögensbesteuerung eine Entlastung des Faktors Arbeit auch für die Arbeitgeber bringen. Hingegen würde bei einer Erhöhung der indirekten Steuern die Schwarzarbeit weiter zunehmen, warnte er. Die Vermögensbesteuerung müsste aber nicht nur die Reichen, sondern alle Vermögen treffen, sonst wäre sie nicht effektiv. Schellmann sieht die Gefahr einer Steuerflucht der Reichen schon gegeben und verweist auf das Beispiel der Schweiz: "Reiche Schweizer leben nicht in der Schweiz, nur reiche Ausländer". Diese würden sich mit den Schweizer Behörden einen Pauschalsteuertarif jeweils extra aushandeln.

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