VP zittert nach Verhaftung des Waffen-Grafs

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Knalleffekt im Fall Mensdorff-Pouilly: Der schwarze Graf sitzt seit vorgestern in London in Haft – jetzt zittert die ÖVP vor Enthüllungen...

Die Nachricht schlug in der Wiener VP-Zentrale wie eine Bombe ein: Alfons „Ali“ Mensdorff-Pouilly bringt die Partei wieder einmal in die Bredouille. Seit Freitag sitzt der Ehemann von Ex-VP-Ministerin Maria Rauch-Kallat in London in Untersuchungshaft. Es geht um den Vorwurf der Korruption und mutmaßliche Schmiergeldzahlungen an offizielle österreichische Stellen – was Mensdorffs Anwalt Harald Schuster heftigst dementiert.

U-Haft in London wegen Schmiergeld-Verdachts

Durch die Ermittlungen der britischen Antikorruptionsbehörde kehrt plötzlich in Österreich der für die ÖVP längst ausgestanden geglaubte Krimi um die Eurofighter ins Rampenlicht zurück.

Britische Agenten des „Serious Fraud Office“ (SFO) ermitteln seit 2000 wegen unglaublicher Bestechungsvorwürfe in globalem Ausmaß gegen den Konzern British Aerospace – und sie stolperten dabei immer wieder über einen Namen: Alfons Mensdorff-Pouilly, Graf mit Schlössern in Schottland und Luising (Bgld.) und einst enger Vertrauter von Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel.

Britischer Geheimbericht für Österreich Polit-Bombe

Der Geheimbericht der britischen Ermittler vom SFO beschert Österreich eine wahre Polit-Bombe: Graf Mensdorff-Pouilly soll von British Aerospace laut „Geheimakte Ali“ insgesamt 107,6 Millionen Euro für „nützliche Aufwendungen“ bei Rüstungsdeals in ganz Europa erhalten haben.

18,2 Millionen Euro davon sollen für Aufwendungen in Österreich rund um die Beschaffung der umstrittenen Abfangjäger Eurofighter Typhoon reserviert gewesen sein. Und laut den Ermittlungsakten des Wiener Staatsanwalts Michael Radasztics (Aktenzahl 604 St 308g) konnte der Graf bisher den Verbleib von 14 Millionen Euro aus diesem Budget nicht ausreichend erklären.

3 Strafverfahren in Wien gegen Schüssel-Freund

Dass der Mann aus dem innersten Kreis der Schüssel-ÖVP gesiebte Luft atmet, ist für Mensdorff freilich keine Premiere: Bereits im Frühjahr 2009 saß er mehr als ein Monat lang in Wien in U-Haft. Der Haftgrund lautete damals: Verdacht der Geldwäsche und Bestechung im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Kauf. Beide Verfahren sind – vor allem angestachelt durch die neuen britischen Ermittlungen – ebenso wenig ausgestanden, wie eines wegen falscher Zeugenaussage. Vor dem Eurofighter-U-Ausschuss im Parlament hatte Mensdorff treuherzig erklärt, dass er niemals Waffenlobbyist gewesen sei: „Ich bin nur Bauer.“ Was den Grünen Peter Pilz zur Anzeige wegen falscher Zeugenaussage veranlasst hatte.

Tatsächlich ist Mensdorff freilich nicht nur Bauer, er ist auch passionierter Jäger. Als solcher hatte er etwa 2002 schwarze Minister samt ihrer Kabinette zur Fasanenjagd in Luising zu Gast. Was das große Zittern in der ÖVP erklärt...

Pilz: "Neuer Verdacht im Fall Eurofighter"

ÖSTERREICH: Was bedeutet die Verhaftung von Graf Mensdorff-Pouilly in London für die heimischen Ermittlungen?
Peter Pilz: Dank der Ermittlungen der Londoner Behörden und der Anti-Korruptionsabteilung der OECD werden nun endlich die Verfahren gegen Mensdorff in Österreich Schwung bekommen – es besteht ja der dringende Verdacht, dass London für den Konzern British Aerospace die EU-Schmiergeld-Zentrale war. Und dass Mensdorff eine zentrale Rolle beim Eurofighter spielte.

ÖSTERREICH: Die in Tschechien freilich den Abfangjäger Saab-Gripen betroffen haben sollen, bei uns ging es um die Eurofighter...
Pilz: Praktischerweise ist British Aerospace an beiden Firmen beteiligt. Es gab hierzulande für die Eurofighter eine Art Arbeitsteilung: Lobbyisten wie Steininger waren für die Militärs zuständig, das Ehepaar Rumpold stand für den BZÖ-FPÖ-Komplex, Magna kümmerte sich nicht nur um den Finanzminister, und Mensdorff, der sich selbst als Bauer bezeichnet, war offenbar Landschaftspfleger im Bereich der ÖVP. Es sind ja Strafverfahren gegen Mensdorff in Österreich anhängig, etwa wegen des Verdachts der falschen Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss und wegen des Verdachts, dass etwas beim Eurofighter passiert ist.

ÖSTERREICH: Ihr Resumee zur Summe der Skandale?
Pilz: Österreich ist heute das Kärnten Europas – eines der korruptesten Länder der EU. Und bei Hypo, Eurofighter und Co. zeigt sich, dass nur etwas weitergeht, wenn internationale Behörden eingreifen. Die FPK ist unverschämt, die echten Profis sitzen aber in der ÖVP.

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