Griechenland

Wahl-Schlacht um den Euro

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Morgen wählt Griechenland und die Welt zittert mit.

Die Angst wählt mit, wenn die Griechen am Sonntag über ihre Zukunft entscheiden: Gewinnt der Radikal-Linke Protestheld Alexis Tsipras (37), ist der Politik-Kollaps da, eine weltweite Schockwelle fix. Tsipras, ein früherer Schülervertreter und nun Held der griechischen Protestbewegung, betonte bei seiner Abschlusskundgebung abermals, dass er „nicht um jeden Preis in Europa bleiben will“. Er will das Spardiktat der EU abschaffen, alle Zahlungen an Brüssel einstellen: „Eine reine Erpressung“, sagen Europas Regierungschefs.

Doch noch steht nicht fest, dass das Horrorszenario tatsächlich eintreten wird: Wochenlang lagen die Linken vorne. Jetzt holen die Konservativen auf, ND-Chef Antonis Samaras (62) kämpft verbissen um jede „Stimme der Vernunft“.

Laut letzten Umfragen liefern sich die Radikale Linke SYRIZA und die konservative Nea Dimokratia sogar ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den ersten Platz. Besonders wichtig ist der erste Platz deshalb, weil die stimmenstärkste Partei 50 zusätzliche Sitze im Parlament erhält, den Gewinner-Bonus sozusagen.

Wut über Politik ist Panik vor Zukunft gewichen
Dominiert wird der Urnengang von Panik. Zwischen 100 und 400 Millionen Euro werden inzwischen von griechischen Banken abgehoben – pro Tag. Jeder fürchtet den Totalbruch mit Europa und die Rückkehr zur Drachme – 60 Prozent weniger wert wäre sie im Vergleich zum Euro. Sollte das passieren, würde die gesamte Eurozone wackeln. Die Notenbanker entwickeln deshalb weltweit Notpläne.

Die erste Parlamentswahl war eine reine Wutwahl, spülte Links- und Rechtsradikale zu Erfolgen. Nun hofft Europa auf die „Restvernunft jener, die in der Eurozone bleiben wollen“ – Mittelstand, Tourismusbranche (eine Million Beschäftigte), Industrie: Genau auf diese Emotionen hofft die Eurozone, lockt mit leichter Aufweichung des Spardiktats. Ob das nützt, wird der morgige Wahltag zeigen.



Das Codewort für den Ernstfall nach der Wahl lautet „Grexit“ – eine Kombination aus „Griechenland“ und „Exit“ (Ausstieg). Gemeint ist der Abschied Griechenlands aus der Eurozone, die Staatspleite, das Armageddon für die Finanz. Erfunden hat das Wort Ebrahim Rahbari, Chefanalyst der US-Citigroup.

Längst liegen in den Schubladen der Notenbanken Notfallspläne vor. Sollte es am Tag nach der Wahl zu einem Einbruch auf den Finanzmärkten kommen, werden die Zentralbanken in einer weltweit koordinierten Aktion die Geldschleusen öffnen.

Eine Billion Euro als Waffe gegen den Super-GAU
Um eine akute Kreditklemme zu verhindern, „wird das Euro-System mit Liquidität versorgt“, sagte Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Die Rede ist von bis zu einer Billion Euro.

Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister
Vorbereitungen für „Grexit“ auch in der Politik: Kanzlerin Angela Merkel verschob ihre Abreise zum G20-Gipfel im mexikanischen Los Cabos um etwa zwölf Stunden. Sie will anwesend sein, wenn die Finanzminister der Euro-Zone Sonntagabend in einer Telefonkonferenz die Ergebnisse der Wahl analysieren werden.

Hauptsorge ist das Risiko großer Kapitalabflüsse nach einer Griechenpleite. Sofortige Kapitaltransferkontrollen sollen eingeführt werden. Schon jetzt haben die Griechen pro Tag zwischen 100 und 400 Millionen Euro von den Banken behoben.
Großbritannien hat seinen Banken hundert Milliarden Pfund zur Verfügung gestellt, damit der Finanzplatz London nicht ins Trudeln kommt.

I. Daniel / K. Wendl

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