Renitente Rentner

Widerstandskämpfer rufen zum Protest auf

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Linkspolitiker Glezos wird von Musiker Mikis Theodorakis unterstützt.

1941 kletterte Manolis Glezos zusammen mit einem Freund auf die Akropolis und riss die von den deutschen Nazi-Besatzern über der Athener Altstadt gehisste Hakenkreuzfahne herunter. 71 Jahre später ruft der bekannte griechische Linkspolitiker erneut zum Widerstand auf. Diesmal allerdings gegen die "Bevormundung" durch das radikale Sparprogramm, das seinem Heimatland im Kampf gegen die Staatspleite auferlegt wird.

Protestbewegung Elada

Zusammen mit dem weltberühmten Musiker Mikis Theodorakis hat Glezos die Protestbewegung Elada gegründet, die sich gegen die immer neuen Sparauflagen zur Wehr setzt. Es ist die Garde der alten Herren - Glezos ist 89 Jahre alt, Theodorakis 87 -, die sich zeit ihres Lebens nur zu genau an die Kriegszeiten erinnern.

Der Widerstand von Glezos gegen die Nazis begann in der Nacht auf den 31. Mai 1941, als die deutsche Wehrmacht die Insel Kreta eroberte. "Hitler sagte in einer Rede, dass Europa frei ist. Wir wollten ihm zeigen, dass der Kampf erst beginnt", erinnert er sich an seine spektakuläre Aktion auf der Akropolis.

"Griechenland hat seine Freiheit errungen, aber nicht seine Unabhängigkeit", sagt Glezos mit Blick auf das heutige Spardiktat der Euro-Zone, die ein zweites Hilfspaket von 130 Milliarden Euro von immer weiteren Einsparungen abhängig macht. "Auf einer Skala der Unterwerfung kommen wir auf fast 100 Prozent."

Glezos wurde während der deutschen Besatzung dreimal festgenommen und entkam nur knapp einem Erschießungskommando. Sein jüngerer Bruder wurde 1944 hingerichtet. Das Foto des jungen Mannes hängt über den Bergen von Büchern, Unterlagen und Erinnerungsstücken, die Glezos in seiner Erdgeschoßwohnung in einem Vorort Athens aufbewahrt. Sein Engagement im Widerstand gegen die Nazis und für die Kommunisten während der griechischen Militärdiktatur brachten ihm zwei Todesurteile und zwölf Jahre Haft "in fast allen Kerkern des Landes" ein, wie er sagt.

Feindbild G-20
Heute wünscht er sich, dass die Jugend einen Widerstandskampf fortsetzt, "um alle Fahnen der Unterdrückung niederzureißen". Doch während viele Griechen die immer schmerzhafteren Sparpakete als demütigendes Diktat vor allem der deutschen Regierung empfinden, macht Glezos einen klaren Unterschied zwischen den Besatzern von einst und dem strengen EU-Partner von heute: Der eigentliche Feind, das seien die G-20 und die "Imperialisten".

Aus der Krise müsse Griechenland ohnehin selbst herauskommen, sagt Glezos. Seine Vorschläge: "Keinen einzigen Cent mehr in die Militärausgaben stecken." Außerdem solle sich Griechenland weigern, seine "nicht rechtmäßigen" Schulden zu bezahlen. Den Steuerbetrug solle die Regierung bekämpfen und gleichzeitig Geld für "Gesundheit, Bildung und Forschung" ausgeben.

Deutschland solle erst einmal seine eigenen Schulden bezahlen, fordert der Mann mit dem weißen Schnurrbart mit Blick auf die während der Besatzungszeit erhobenen Zwangsanleihen. "Das war das einzige Mal, dass Griechenland Geld verliehen hat statt sich welches zu leihen", sagt Glezos mit einer gewissen Boshaftigkeit. Zusammen mit von Athen eingeforderten Reparationszahlungen komme Griechenland auf "162 Milliarden Euros, ohne Zinsen", wie Glezos betont.

Doch die Symbolfigur der radikalen Linken belässt auch heute nicht bei bloßen Appellen gegen die rigide Sparpolitik: Am Sonntagabend, als das Parlament in Athen das neueste Sparpaket absegnete, schlossen sich Glezos und Theodorakis, ebenfalls ein früherer Widerstandskämpfer, den Demonstranten auf dem Syntagma-Platz an. Weil die Polizei dort massiv mit Tränengas gegen Randalierer vorging, mussten die beiden alten Herren ihre Teilnahme an der Demonstration allerdings wegen Atemnot abbrechen.

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