Die Arbeitnehmer fordern weiterhin die Abgeltung der rollierenden Inflation von 2,76 Prozent. Das Angebot der Arbeitgeber liegt bei 1,5 Prozent. Runde 5 im KV-Feilschen der Elektroindustrie. Es geht um 74.000 Beschäftigte.
Am Freitagnachmittag treffen sich in der Wiener Mariahilfer Straße nun schon zum fünften Mal Arbeitnehmer und Arbeitgeber der Elektro- und Elektronikindustrie (EEI), um den Kollektivvertrag (KV) für 2025 zusammenzustoppeln. Dieser sollte schon seit 1. Mai gelten, derart lange KV-Verhandlungen sind für die Branche sehr ungewöhnlich - aber der lange anhaltenden Rezession bei hohen Lohnabschlüssen zuletzt geschuldet.
Im Jänner 2025 hatte der FEEI eine Studie des Industriewissenschaftlichen Institutes (IWI) präsentiert, wonach im Jahr 2023 Österreich bei den durchschnittlichen Arbeitskosten im EU-Vergleich am drittteuersten war. Die Elektro- und Elektronikindustrie sei mit einer Exportquote von rund 84 Prozent davon besonders betroffen. Die Folge seien sinkende Auftragseingänge, ein rückläufiger Export und ein Abbau von Fremdpersonal gewesen. Wobei sich 2024 die Lage weiter zuspitzte.
Ausgangsposition: 1,5 vs. 2,76 Prozent
Die Arbeitgeberseite soll jedenfalls zuletzt eine Lohn- und Gehaltssteigerung von maximal 1,5 Prozent angeboten haben - also deutlich unter der rollierenden Inflation von 2,76 Prozent. Unter dieser Jahresteuerung wollen die Gewerkschaften PRO-GE und GPA nicht abschließen. Und es geht auch um Zugeständnisse beim Rahmenrecht, also etwa ein leichteres Erreichen der sechsten Urlaubswoche oder eine Verlängerung der Freizeitoption.
Die Arbeitnehmervertreter haben sich gestern noch einmal kämpferisch gezeigt: Sollte am Freitag keine Einigung erzielt werden, wird es "Kampfmaßnahmen" geben. PRO-GE und GPA forderten in einer Aussendung "Lohn- und Gehaltserhöhungen auf Basis der relevanten Teuerungsrate unter besonderer Berücksichtigung niedriger Einkommensgruppen". Zur Info: Eine Bezahlung der Mitarbeiter unter dem Kollektivvertrag für die jeweilige Branche ist verboten, der KV gilt auch für den Leiharbeitssektor.
So viele Beschäftigte wie das Sozialwesen
2023 habe die Elektro- und Elektronikindustrie nach Eigenangaben mittel- und unmittelbar 4,4 Prozent des gesamten österreichischen Produktionswerts beigetragen. Die direkt generierte Bruttowertschöpfung sei mit 9,15 Mrd. Euro höher als etwa jene der Branche Maschinenbau. "Im Jahr 2023 sicherte die EEI insgesamt 160.100 Arbeitsplätze in Österreich, was 3,2 Prozent der gesamten Beschäftigung entspricht. Die EEI-Unternehmen selbst beschäftigten 74.291 Personen direkt, dies entspricht der Beschäftigtenzahl des Sozialwesens in Österreich", rechnete das IWI heuer zu Jahresbeginn vor.
Der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) vertritt die Interessen des drittgrößten Industriezweigs in Österreich mit rund 300 Unternehmen, ca. 74.000 Beschäftigten und einem Produktionswert von 24,61 Mrd. Euro (Stand 2023). Obmann ist Wolfgang Hesoun.
Ohne Einigung läuft alter KV weiter
Die Entstehung des Kollektivvertrags geht auf die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts zurück. Der Grundstein wurde 1870 durch ein Koalitionsgesetz gelegt, das die Aufhebung der Strafandrohung für Verabredungen und Streiks vorsah. Mittlerweile werden jährlich etwa 450 Kollektivverträge zwischen den Sozialpartnern abgeschlossen. Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen, läuft der KV des Vorjahres weiter. Bei einer Einigung gilt er im Regelfall rückwirkend, also bei der Elektro- und Elektronikindustrie dann mit 1. Mai 2025.