Wurden vor 1 Jahr CEE-Staaten als Gefahr für den Finanzplatz Österreich porträtiert, so ist 2010 vor allem der hohe Schuldenstand in süd- und westeuropäischen Staaten das zentrale Gesprächsthema. Für das 2. Quartal erwarten die Allianz Experten für die Industrieländer weiterhin ein Wachstum unter Trend. Von der Stabilisierung des Hoffnungsmarktes Osteuropa kann vor allem Österreich profitieren.
2010 steht ganz im Zeichen der 'Neuen Normalität'. Der Wachstumstrend der letzten beiden Quartale 2009 lässt sich in 2010 nicht fortschreiben. Die Industrieländer wachsen unter Trend, Emerging Markets werden weiterhin stärkeres Wachstum aufweisen und bleiben damit die stärkste Region.
CDS-Spreads: Osteuropa im Aufwind
Wurden in der Vergangenheit Emerging Markets häufig mit schwacher Bonität und hohem politischen Risiko assoziiert, scheint dies nun für westliche Industrieländer zu gelten: Ein Gradmesser für die Markteinschätzung von Länderrisken sind Kreditderivate zum Handeln von Ausfallrisiken von Anleihen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS).
Die am Markt gehandelte Prämie - der sogenannte CDS-Spread - hängt hauptsächlich von der Einschätzung der Bonität des Basiswertes durch die Marktteilnehmer ab. Eine Verbesserung der Bonitätseinschätzung führt zu einer Verringerung der CDS-Spreads - dieser Trend ist für osteuropäische Staaten zu beobachten: Stiegen zu Beginn der Finanzkrise im Herbst 2008 die CDS-Spreads in Osteuropa deutlich auf durchschnittlich 6 % an, so weist der Trend seit Beginn des 2. Quartals 2009 eine gegenläufige Entwicklung auf und stabilisierte sich auf einem Niveau von unter 2 %.
Für Westeuropa befinden sich seit Ende 2009 die CDS-Spreads in einer Auf- bzw. Seitwärtsbewegung, wobei Griechenland aktuell den höchsten CDS-Spread von 3 % aufweist. Die CEE-Länder haben ihre Staatshaushalte sehr gut im Griff und sind gut durch die Krise gegangen, besser als Westeuropa.
Österreich profitiert
Liegt im EU-Schnitt die Staatsverschuldung 2010 auf einem Niveau von 84 % des BIP, weisen osteuropäische Staaten durchwegs bessere Werte auf. In Süd- und Westeuropa hat Griechenland die schlechteste Ausgangsposition, um die Wirtschaft anzukurbeln: Die Staatsschulden belaufen sich auf 120,4 % des BIP, das Budgetdefizit liegt für 2010 bei 8,7 %.
Welche nachhaltigen Auswirkungen eine steigende Staatsverschuldung auf den Handlungsspielraum der Politik hat, zeigt etwa auch Italien: Bei einem Schuldenstand von 116,9 % des BIP wird für 2010 ein Budgetdefizit von 5 % erwartet - davon werden 4,9 Prozentpunkte alleine zur Begleichung der Zinsen aufgewendet. Für Österreich wird ein Budgetdefizit von 5,4 % für 2010 erwartet, 3,2 Prozentpunkte davon fließen in den Schuldendienst.
Die hohe Staatsverschuldung vieler Länder wird auch in den nächsten Monaten eine große Rolle spielen. Die wichtigen Wirtschaftspartner Österreichs aus dem Osten haben Stärke bewiesen und können in den nächsten Jahren ein höheres Wachstum erzielen als der Westen".
Chancen für Anleger
Der Markt gibt keine langfristigen Trends her: In Zeiten, wo der Wind so schnell drehen kann, empfiehlt es sich, Aktien und Anleihen ausgewogen zu gewichten. Staatsanleihenrenditen befinden sich auf historisch niedrigen Niveaus, die Staatsverschuldung dagegen auf Rekordniveau. Inflation ist weiterhin kein Thema - Zinserhöhungen werden erst gegen Ende des Jahres erwartet.
Auf der Aktienseite raten wir, Japan über- und Europa unterzugewichten. In Japan unterstützt das China-Exposure exportorientierte Unternehmen, ebenso wird eine Yen-Schwäche erwartet. In Europa sind die konjunkturelle Situation sowie die Gewinnerwartungen schwächer als in den USA. Die Dividendenrendite ist jedoch attraktiv.
In den USA und den Emerging Markets ist die Allianz neutral gewichtet: In den USA winkt 2010 das stärkste Wachstum der entwickelten Länder, die Aktienbewertungen liegen jedoch über jenen anderer Regionen. In den Emerging Markets wird die strukturelle wirtschaftliche Lage weiterhin als sehr stark charakterisiert. Als Risken lassen sich neben verfrühten Zinserhöhungen auch die Maßnahmen zur Staatsschuldenbekämpfung sowie eine verstärkte Regulierung der Banken charakterisieren.
Auf der Anleihenseite empfehlen wir, Staatsanleihen unter- sowie Unternehmensanleihen überzugewichten. Die Zinskurve ist weiterhin sehr steil, die Risikospreads bei Anleihen haben sich weiter eingeengt. In den USA und in Japan ist die Allianz untergewichtet: In den USA hat die Inflation gedreht, die Fed bestätigt Markterwartungen einer längerfristigen Nullzinspolitik, hat allerdings den Diskontsatz um 25 Basispunkte auf 0,75 % angehoben.
In Japan bleibt das absolute Zinsniveau weiterhin unattraktiv. Für Europa sowie die Emerging Markets lautet das Anlagevotum "übergewichten": Die Inflationskernrate liegt stetig im Zielbereich der EZB - es gibt daher wenig Anlass zu Leitzinserhöhungen. Anleihen aus den Emerging Markets verzeichnen höhere Renditen trotz besserer Qualität der Staatsbilanzen. Dabei sind Länder mit hoher Bonität, zum Beispiel Brasilien und osteuropäische Länder mit ausgewogenen Staatshaushalten wie Polen und Russland, zu bevorzugen.
Um an den positiven Entwicklungen der osteuropäischen Anleihenmärkte zu partizipieren, empfehlen wir Osteuroparentenfonds. Die Veranlagungen erfolgen in fest- und variabel verzinslichen Anleihen Zentral- und Osteuropas. Investiert wird sowohl in Landeswährungen als auch in auf Euro lautende Emissionen. Auf 10 Jahre hat der Fonds eine Performance von über 7 % p. a. erwirtschaftet.
Für den Gesamtausblick auf das nächste Quartal raten die Allianz trotz allem weiterhin zur Vorsicht: Der Wind hat sich gedreht und treibt die Wolken Richtung Westen, während in den Emerging Markets die Sonne scheint.