Vom Jet-Set zum Diskonter: Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz gehörte lange zum Club der reichsten Deutschen.
Um die Geschäfte kümmerten sich ihre jeweiligen Ehemänner. Jetzt sind die Milliarden weg, die sie in die Quelle-Mutter Arcandor steckte. Schon im Sommer ahnte Schickedanz, was auf sie zukommt: "Wir leben von 600 Euro im Monat."
Ihren 66. Geburtstag am Dienstag hätte sich Frau Schickedanz sicher anders vorgestellt: Denn nicht nur für mehr als 10.000 Quelle-Mitarbeiter, sondern auch für die Ex-Milliardärin bricht eine Welt zusammen.
Gustav Schickedanz sagte einmal einen Satz, der die Tochter bis heute verfolgt: "Madeleine hat kein richtiges Verhältnis zum Geld." Nach dem Tod des Vaters und dem Rückzug der Mutter wagte sie sich nicht in die erste Reihe. Die Strippen im Firmenimperium zogen für sie immer ihre Lebenspartner, heute ihr dritter Mann Leo Herl.
Das Paar lebt die meiste Zeit im Schweizer Nobel-Skiort St. Moritz. In den Medien tritt Schickedanz nur auf, wenn sie für die von ihr 1990 gegründete Kinder-Krebs-Stiftung wirbt - ein soziales Engagement mit persönlichem Hintergrund, denn eine ihrer Töchter war an Leukämie erkrankt.
Richtig zu Hause ist Schickedanz dort, wo sie aufwuchs: in der fränkischen Gemeinde Hersbruck, in einer Villa mit parkähnlichem Grundstück. "Wenn ich hier wegziehen müsste, würde es mir das Herz brechen", sagte sie im Juli in einem ihrer seltenen Interviews der "Bild am Sonntag".
Die Arcandor-Manager waren da gerade beim Insolvenzrichter gewesen. Schickedanz schüttete den Reportern ihr Herz aus. Alles stecke im Betrieb, sie hafte mit ihrem gesamten Vermögen. Wenn die Rettung von Arcandor scheitere und die Banken die Kredite fällig stellten, verlöre sie alles - Häuser, Aktien, Beteiligungen an anderen Firmen.
Das öffentliche Bild der abgehobenen Milliardärin sei falsch. "Wir leben von 500 bis 600 Euro im Monat. Wir kaufen beim Diskonter. Gemüse, Obst und Kräuter haben wir im Garten", erzählte die modebewusste Frau mit den blonden Haaren. Vor allem im Internet brach ein Sturm der Häme über sie herein. In vielen Foren wurde Schickedanz als "eiskalte Zynikerin" beschimpft.
Menschen, die sie besser kennen, verteidigten die zierliche Frau. Bayerns Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein sagte: "Madeleine Schickedanz kokettiert nicht mit der Angst vor der Armut. Sie hat echte Existenzangst." Beckstein ging mit ihr zur Schule.
Der Oberbürgermeister der Quelle-Stadt Fürth, Thomas Jung, merkte an: "Das Wort arm ist relativ. Für jeden, der von Hartz IV leben muss, ist die Klage von Frau Schickedanz nicht verständlich." Häme sei nicht angebracht, weil sie sich immer für die Firma eingesetzt habe.
Vor 10 Jahren waren Quelle und Karstadt verschmolzen worden. 2007 wurde der Konzern in Arcandor umbenannt. In Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff glaubte Schickedanz endlich den Mann gefunden zu haben, der an die glorreichen Zeiten anknüpfen könnte. Middelhoff versilberte alle Immobilien, brachte aber keine dauerhafte Wende.
Als viele Börsianer Arcandor längst abgeschrieben hatten, kaufte Schickedanz noch im großen Stil Aktien und war zeitweise Mehrheitsaktionärin. Der Kurssturz ließ nicht lange auf sich warten: Etwa 3 Mrd. Euro setzte sie nach eigenen Angaben in den Sand. Middelhoff, der im Frühjahr 2009 gehen musste, verteidigte Schickedanz vehement: "Ohne ihn wäre Karstadt/Quelle schon früher am Ende gewesen."
Mit sich selbst ging die Firmenerbin im Sommer hart ins Gericht: "Ich habe viel zu spät gemerkt, dass ich die Kontrolle verloren hatte." Sie hätte die rasanten Veränderungen für den Versandhandel im Internet und den Niedergang der Warenhäuser früher erkennen müssen. "Das mache ich mir zum Vorwurf. Doch die Fehler im operativen Geschäft verantworte nicht ich, dafür gab und gibt es ein Management."