Umschuldung Griechenlands scheint wenig realistisch

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So einfach kann Politik sein: Die Spekulanten sind schuld und müssen zahlen. Quer durch die deutschen Bundestags-Fraktionen wird gefordert, die Banken an der Rettung Griechenlands zu beteiligen. Schnell ist die Rede von einer Umschuldung, bei der die Inhaber griechischer Anleihen auf einen Teil ihrer Ansprüche verzichten sollen. Dass die Folgen manchen Experten zufolge verheerend wären, bleibt unerwähnt.

Hinter den Kulissen wird eingeräumt, dass die Idee unrealistisch ist. Und auch die EU-Kommission erklärt: "Um es sehr klar zu sagen - es wird keine Schulden-Restrukturierung als Teil des Programmes geben." Allerdings regiert Ratlosigkeit: Wie kann man kurz vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl die Zustimmung der Bevölkerung zu den Milliardenkrediten gewinnen?

Nach einer Erhebung von Infratest dimap für die Zeitung "Die Welt" sind 57 % der Deutschen dagegen, gemeinsam mit den anderen Euro-Ländern den Griechen zu helfen. Nur ein Drittel ist dafür. Und auch im Bundestag will niemand dem Euro-Partner gerne den für 2010 zugesagten Kredit von maximal 8,4 Mrd. Euro überweisen. Denn hinterher muss man dem Volk erklären, dass zwar Milliarden nach Athen fließen, für Steuersenkungen, höhere Hartz-IV-Sätze oder Schulen kein Euro mehr aufzutreiben ist.

Den Ausweg aus dem Dilemma sucht die Politik erneut bei den Banken, die ja prächtig an den hohen Zinsen für griechische Staatsanleihen mitverdient hätten. Die CDU/CSU-Fraktion will am Mittwoch mit den Chefs von IWF und EZB, Dominique Strauss-Kahn und Jean-Claude Trichet, über eine Umschuldungsaktion sprechen. Die SPD marschiert in die gleiche Richtung, die Linke sowieso.

Im Realitätscheck entpuppt sich eine Umschuldung allerdings schnell als unrealistisch. Die Fakten: Nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsaustausch (BIZ) steht Griechenland bei ausländischen Finanzinstituten insgesamt mit gut 302 Mrd. Dollar (227 Mrd. Euro) in der Kreide. Deutsche Banken und Versicherungen sind mit 43 Mrd. Dollar dabei, französische mit 75 Mrd. Dollar und Schweizer Banken mit 64 Mrd. Dollar. Österreichischen Banken schuldet Griechenland 6,2 Mrd. Dollar. Größter Gläubiger des griechischen Staates sind Experten zufolge griechische Banken.

Was wären die Folgen einer Umschuldung, bei der die Banken auf 50 % (in Argentinien und Russland waren es vor 10 Jahren 70-80 %) ihrer Forderungen verzichten müssten? Ein Rentenstratege einer europäischen Großbank beschreibt die Folgen: Alle griechischen Staatsanleihen würden mit einem Schlag den Ausfall-Status "default" erhalten. Sie könnten nicht mehr als Sicherheiten bei der EZB oder im Interbanken-Handel hinterlegt werden. Die Kurse würden ins Bodenlose fallen, die Gläubiger - auch französische, Schweizer und deutsche - müssten die Papiere abschreiben.

"Das griechische Bankensystem würde implodieren", sagt der Rentenstratege, der wegen des auch für seine Bank heiklen Themas ungenannt bleiben will. In ganz Europa würden Banken massive Liquiditätsprobleme bekommen. De facto könnte Griechenland nicht mehr auf den Kapitalmarkt zugreifen, das Vertrauen wäre dahin. Ob Griechenland danach noch in der Euro-Zone bleiben könne, wäre zumindest fraglich. Auch andere Fachleute wie Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanzzentrum warnen vor einer neuen Finanzkrise.

In Deutschland haben vor allem solche Banken griechische Anleihen im Depot, die ohnehin schon Probleme haben. Alleine die verstaatliche Hypo Real Estate sitzt auf 10 Mrd. Euro. Die teilverstaatlichte Commerzbank hat gut 3 Mrd. Euro investiert, auch einige Landesbanken haben die Anleihen im Depot, ebenso Versicherer und Pfandbriefbanken. Möglicherweise müsste der Staat Milliarden für Stützungsaktionen ausgeben, damit keine systemrelevanten Institute kollabieren.

"Eine Umschuldung ist nicht realistisch", räumt auch ein Vertreter einer Oppositionspartei ein, die öffentlich danach ruft. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat bereits nach einem Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden am Dienstag klargemacht, dass sich die Euro-Zone auf einen anderen Weg verständigt hat - eben den der Kredithilfen durch den IWF und die Euro-Partner. "Dazu gibt es keine Alternative", sagt der Rentenstratege. Die Politik muss das den Bürgern erklären - vor oder nach der Wahl.

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