Jeder zweite Versicherungsnehmer sei womöglich unterversichert, meint Städtische-Chef Ralph Müller. Es empfehle sich, die Polizzen im Lichte gestiegener Preise oder nach Neuanschaffungen nochmals zu überprüfen.
Die Wiener Städtische Versicherung setzt ihren Wachstumskurs fort. Besonders stark war 2021 die Entwicklung in der Gesundheitsvorsorge und in den Sachsparten. „Wir sehen nach wie vor eine sehr robuste Nachfrage, die Suche nach Sicherheit und Halt führt dazu, dass wir gerade in der Gesundheitsvorsorge und bei der Absicherung für Hab und Gut am stärksten wachsen“, sagt Ralph Müller, Generaldirektor der Wiener Städtischen Versicherung.
Zuwachs in Krankensparte & Schaden/Unfall
Die Gesundheitssparte ist im Vorjahr um 3,1 Prozent auf 447,7 Mio. Euro, die Schaden/Unfall-Versicherung um 4,3 Prozent auf 1, 5 Mrd. Euro gewachsen. In der Lebensversicherung, die ein Prämienvolumen von 1,24 Mrd. Euro verzeichnet, ist die Entwicklung zwiegespalten, die Prämien gegen laufende Prämie blieben mit 1,05 Mrd. Euro stabil, die Einmalerläge, die wegen der niedrigen Zinsen sehr selektiv vergeben werden, gingen um mehr als ein Viertel zurück.
Schon vor zwei, drei Jahren habe man begonnen, die Einmalerläge in der klassischen Lebensversicherung zurückzufahren, weil keine gewinnbringende Veranlagung mehr möglich gewesen sei, sagte Müller in einem Online-Pressegespräch. Kein Limit gebe es für Einmalerläge bei Fondspolizzen. Trotz "Nullzinspolitik" der EZB sei die Gesamtverzinsung bei der Wiener Städtischen in Leben 2021 bei 1,75 Prozent gelegen, inklusive Gewinnbeteiligung. In den nächsten Jahren werde die Verzinsung deutlich nach oben gehen, über zwei Prozent hinaus. Die Wiener Städtische ist der mit Abstand größte Lebensversicherer in Österreich, "die klare Nummer eins", so Müller.
Gewinn um 55 Prozent gesteigert
In Summe verzeichnete die Wiener Städtische Prämieneinnahmen in Höhe von 3,2 Mrd. Euro, gegenüber dem Vorjahr ist das ein kleines Plus. Ohne Einmalerlag betrug das Plus 2,5 Prozent.
Der Gewinn vor Steuern (EGT) lag im Vorjahr bei 192,8 Mio. Euro und damit um 55,1 Prozent höher als im Jahr davor.
Altersvorsorge stärker fördern
Zur Stärkung der Altersvorsorge sollte die Politik im Zuge einer Steuerreform und auch darüber hinaus klare Signale aussenden, dass das Thema gut und gewünscht sei, betonte der Generaldirektor. Auch er forderte eine Halbierung der Versicherungssteuer von 4 auf 2 Prozent. Fondspolizzen mit nachhaltiger Veranlagung sollten ganz steuerfrei gestellt werden. Für die prämiengeförderte Zukunftsvorsorge (PZV) sollten die Veranlagungsvorschriften weiter geöffnet werden und in diese Förderung auch die nach wie vor kaum nachgefragte Pflegeversicherung mit einbezogen werden. Die Wünsche an die Politik heranzutragen sei Aufgabe des Versicherungsverbandes.
Rekordhohe Naturkatastrophen-Belastung
Von der rekordhohen Naturkatastrophenbelastung von 200 Mio. Euro sei dank der Rückversicherung "nicht viel bei uns angekommen", sagte Müller. Das Volumen sei aber doch fast dreimal so hoch wie in Normaljahren gewesen, wo man vielleicht 70 bis 80 Mio. Schäden, manchmal auch nur 30 bis 50 Mio. Euro verzeichnet habe. Eine so hohe Belastung wie voriges Jahr sollte nach den Modellen nur alle 50 bis 60 Jahre auftreten.
Prämien-Verteuerung in Inflationshöhe
Versicherungsnehmer sollten gerade angesichts der hohen Inflation darauf achten, bei der Absicherung des eigenen Hab und Gut nicht unterversichert zu sein. Die Schadensaufwände würden bei den Versicherungen sehr stark mit der Inflation korrelieren, im Nachlauf werde dies durch Prämienanpassungen, also Verteuerungen, kompensiert. Jeder zweite Versicherungsnehmer sei womöglich unterversichert, sie sollten ihre Polizzen - etwa auch nach Renovierungen oder Neuanschaffungen - nochmals überprüfen. Beim Hochwasserschutz hätten 70 bis 80 Prozent der Haushalte nur die Basisabdeckung, die oft mit 10.000 Euro limitiert sei. Einen 100-prozentigen Katastrophenschutz könne es bei Hochwasser oder Erdbeben ohnedies nicht geben.