Empörung über "Zensur" in Slowenien

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Die slowenische Justiz lässt im Fall des italienischen Unternehmers Pierpaolo Cerani nicht von der Tageszeitung "Dnevnik" ab. Das Kreisgericht Ljubljana hat Anfang September die Beschwerde der Zeitung gegen einen Maulkorberlass im Fall Cerani zurückgewiesen.

Der Triestiner Unternehmer hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, die drakonische Strafen vorsieht, sollte "Dnevnik" über Zweifel an seiner lauteren Geschäftsgebarung berichten. Cerani steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses in Slowenien, weil er die Kontrolle über den bedeutenden Mischkonzern "Pivovarna Lasko" erlangt hat, dem auch zwei der drei wichtigsten Tageszeitungen des Landes gehören. "Dnevnik" darf der einstweiligen Verfügung zufolge nur noch positiv über Cerani berichten, bei Zuwiderhandeln droht für jeden Artikel eine Strafe von 50.000 Euro, bis zu einem Gesamtbetrag von 500.000 Euro. Die Gerichtsentscheidung war von der Medienfreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) als "eine Art der Zensur, die inakzeptabel für einen EU-Staat ist", bezeichnet wurden.

Vorgehen der Justiz "besorgniserregend"

Die Bestätigung der einstweiligen Verfügung wird nun auch vom Internationalen Presse-Institut (IPI) kritisiert. IPI-Direktor David Dodge bezeichnete das Vorgehen der slowenischen Justiz als "besorgniserregend". Sie gebe dem Kläger nämlich die Möglichkeit, durch ein In-die-Länge-Ziehen des Verfahrens eine kritische Berichterstattung von "Dnevnik" auf lange Zeit zu verhindern. Auch seien die angedrohten Strafen "unverhältnismäßig". Das Gericht habe das Recht des Klägers, sein Ansehen zu schützen, und jenes der Öffentlichkeit auf Information, nicht in einem richtigen Verhältnis abgewogen, kritisierte Dadge.

"Dnevnik"-Chefredakteur Ali Zerdin zeigte sich "bitter enttäuscht" von der Bestätigung der einstweiligen Verfügung durch das Kreisgericht. "Das größte Problem ist die Tatsache, dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis von wichtigen Fakten erhält", betonte er. Zerdin stellte eine Beschwerde beim Oberen Kreisgericht an.

"Dnevnik" hatte über Ceranis Verbindungen mit dem früheren italienischen Kronprinzen Vittorio Emanuele von Savoyen und seine Verwicklung in mehrere Skandale berichtet. An einem dieser Skandale soll auch der frühere bulgarische Regierungschef und vormalige König Simeon (II.) Sakskoburggotski (direkter Cousin von Vittorio Emanuele) beteiligt gewesen sein. In einem anderen Fall ging es um die Lieferung von medizinischen Gütern fragwürdiger Qualität nach Eritrea.

Angriffe auf die Medienfreiheit

Slowenien ist in den vergangenen Monaten mehrmals wegen Angriffen auf die Medienfreiheit in die Schlagzeilen geraten. Im Sommer 2007 unterzeichneten mehr als 500 Journalisten eine Petition, in der der damalige konservative Regierungschef Janez Jansa direkt der Einschränkung der Medienfreiheit beschuldigt wurde. Dem Aufschrei gingen zahlreiche Berichte über Maßregelungen, Schreibverbote sowie eine Häufung von Personalwechseln an der Spitze der bedeutendsten slowenischen Medien voran. Jene Medien, die sich auch dem informellen Einfluss des Staates entzogen, wie etwa "Dnevnik", sollten durch einen Anzeigenboykott von halbstaatlichen Unternehmen gefügig gemacht werden.

Die Zeitungen "Delo" und "Vecer" gerieten infolge einer - offiziell immer heftig dementierten - Absprache zwischen dem Jansa-Lager und dem "Pivovarna Lasko"-Eigentümer Bosko Srot in regierungsaffine Fahrwasser. Srot wandte sich vor der Parlamentswahl 2008, die Jansa knapp verlor, aber diesem ab und wurde umgehend zur Zielscheibe massiver Kritik, weil er seine "Pivovarna Lasko"-Anteile mit unlauteren Mitteln erworben haben soll. Weil der Konzern im Zuge der Wirtschaftskrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist, trat Srot jüngst als Vorstandschef zurück. Dass einen großen Anteile jüngst überraschend an Cerani verkauft hat, werten Beobachter als Manöver des gestürzten Firmenchefs, sein Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.

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