EU drängt auf koordinierte Finanzüberwachung

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Die EU drängt beim G-20-Gipfel Ende dieser Woche in Pittsburgh auf eine strenge und koordinierte Überwachung der Finanzsysteme. Was Exit-Strategien wegen der durch die Wirtschafts- und Finanzkrise angehäuften Schulden durch Hilfspakete betrifft, wird es laut EU-Kreisen keine Frist geben.

Während EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy zuletzt bezüglich notwendiger Kontrollsysteme für den Finanzmarkt zur Vorsicht bei der Aufstellung neuer Regeln mahnte, verlangte der jüngst wiedergewählte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso eine Begrenzung der Manager-Boni, notfalls im Alleingang auch ohne die USA. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dämpfte gleichzeitig die Erwartungen für den am 24. und 25. September stattfindenden G-20-Gipfel. Sie hoffe, dass es in der Frage der Managerboni zu Annäherungen komme. Keine Einigung erwartet sie bei der Diskussion über eine Finanztransaktionssteuer, für die ja auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann eintritt.

In EU-Kreisen hieß es, dass es bei der Finanzmarktaufsicht zu einer Verbesserung der Kooperation zwischen den Institutionen kommt. Zu den Exit-Strategien wurde erklärt, man könne derzeit keine Deadline setzen. Es gehe darum, die Situation zu beobachten. Wenn eine zu frühe Frist für den Schuldenabbau gesetzt werde, könne dies zur Destabilisierung führen, wenn es zu spät erfolgt, schaffe man sich längerfristig andere Probleme.

Diskussion über Boni-Zahlungen für Manager

Bei den Boni-Zahlungen an Manager gebe es bisher keine Vereinbarung. Allerdings würden gute Fortschritte gemacht, hieß es. McCreevy wird am 23. September - einen Tag vor dem G-20-Gipfel - einen neuen Vorschlag über ein Europäisches System der Bankenaufsicht vorlegen. Darin wird wie bereits angekündigt die Bildung eines sogenannten "Europäischen Rats für Systemrisiken" (ESRB) angeregt, das die Risiken für die Stabilität von Finanzsystemen als ganzes bewertet und die notwendigen Warnungen und Empfehlungen ausspricht, um solche Krisen wie jetzt zu verhindern.

Außerdem präsentiert der Kommissar noch die Pläne zur Schaffung eines europäischen Systems der Finanzaufsicht (ESFS), das die Arbeit der 27 nationalen Aufseher über die Banken, Versicherungen und Pensionsfonds sowie Börsen enger verzahnen soll. Knackpunkt der Regelung ist noch die Verbindlichkeit. Zuletzt lehnte Deutschland ein bindendes Weisungsrecht der EU-Aufseher ab, weil dies die Kompetenzen der nationalen Aufsichtsbehörden unterlaufen würde.

McCreevy meinte zu schärferen Regeln, es sollte nicht zu einem "umgekehrten Zyklus" kommen. Er habe beobachtet, dass der Regulierungsgrad nach einer Krise sprunghaft größer werde, dann über die Jahre, in der sich die Wirtschaft erhole, der Druck in die andere Richtung zunehme und die Regulierung wiederum zu stark gelockert werde, was zur nächsten Krise führe. Deswegen gelte es, sorgfältig in diesem Bereich mit neuen Regeln umzugehen. Man müsse eine ausgewogene Strategie finden, um nicht das Eingehen von Risiken generell zu entmutigen.

Weltbank will Debatte zu gerechter Globalisierung

Vor dem Weltfinanzgipfel hat die Weltbank mehr Unterstützung für die ärmsten Länder gefordert. Auch die Vereinten Nationen und der Internationale Währungsfonds (IWF) fürchten, dass die weltweite Finanzkrise zuletzt erzielte Erfolge bei der Armutsbekämpfung und der Entwicklungshilfe schnell wieder zunichtemachen könnte. Weltbank-Chef Robert Zoellick rief die G-20-Staaten zu einer gerechten Globalisierungspolitik auf. Voraussetzungen dafür seien ein möglichst ausgeglichenes Wachstum und die Stabilität des Finanzsystems, sagte Zoellick der "Financial Times" in einem am 21. September veröffentlichten Interview. Diese Rahmenbedingungen müssten mit einer offensiven Entwicklungspolitik und einem entschlossenen Vorgehen gegen den Klimawandel verknüpft werden.

Die große Herausforderung für den Weltfinanzgipfel der G-20 in dieser Woche in Pittsburgh sei, die Zusammenarbeit und die gemeinsamen Ziele beizubehalten, die sich in der Zeit der Krise entwickelt hätten, sagte Zoellick. Es solle aber nicht nur um die Finanzmärkte und Managergehälter gehen. "Ich wünsche mir von der G-20, dass sie über eine gerechte Globalisierung redet. Dazu gehören ein ausgeglichenes Wachstum, Finanzstabilität, Klimawandel und Hilfe für die Ärmsten." Zoellick warnte vor einer Zunahme des Protektionismus.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mahnte die Geberländer, nicht die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2000 aus den Augen zu verlieren: Sie sehen vor, die Zahl der Armen und Hungernden bis 2015 zu halbieren. Die UN erwarten allerdings, dass die Zahl der Menschen, die von weniger als 1,25 Dollar (0,850 Euro) pro Tag leben müssen, 2009 zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder steigen dürfte - um 90 Millionen auf 1,15 Milliarden. Das Welternährungsprogramm warnte, dass die Zahl der Hungernden in diesem Jahr erstmalig auf über eine Milliarde steigen werde.

"Industriestaaten müssten mehr Entwicklungshilfe zahlen"

"Die Wirtschaftskrise könnte all die hart erkämpften Erfolge wieder umkehren", schrieb Ban in einem vor kurzem veröffentlichten Entwicklungsreport der UN. "Die Zeit wird knapp." Die Industriestaaten müssten ihre Versprechen einhalten und mehr Entwicklungshilfe zahlen. In der Krise hätten einige Länder ihre Hilfe sogar noch gekürzt. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hatte ebenfalls mehr Hilfen für die ärmsten Länder verlangt. In diesem und kommendem Jahr seien zusätzliche Mittel in Höhe von 55 Mrd. Dollar notwendig, sagte Strauss-Kahn vergangene Woche. Die weltweite Krise berge die Gefahr, dass sich die reicheren Länder auf ihre eigenen Probleme konzentrierten. Damit könnten Jahre des Fortschritts zunichtegemacht und die Demokratie in einigen der ärmsten Länder gefährdet werden.

Die USA wollen bei dem Treffen in Pittsburgh am Donnerstag und Freitag wirtschaftspolitische Rahmenvorschläge für "ein nachhaltiges und ausgeglichenes Wachstum" vorlegen. Solange exportabhängige Staaten nicht mehr für ihre einheimische Nachfrage täten, sei der weltweite Aufschwung gefährdet, heißt es in einem Brief des G-20-Beraters von US-Präsident Barack Obama, Michael Froman, an die Staatengruppe. Hier müsse ein stärkerer Ausgleich gefunden werden. Der Schwerpunkt des Treffens dürfte allerdings auf der Regulierung der Finanzmärkte als Konsequenz aus der Banken- und Kreditkrise liegen.

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