Die EU-Kommission zeigt sich in ihrer neuesten Schätzung der Wirtschaftsentwicklung optimistisch und rechnet für die zweite Jahreshälfte wieder mit einem leichten Wachstum. Die Rezession sei "nahezu überwunden". EU-Kommissar Joaquin Almunia erklärte am 14. September, die vorläufige Prognose zeige ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,2 Prozent im dritten Quartal und von 0,1 Prozent im vierten Quartal.
Almunia sprach von einem "Silberstreif am Horizont", doch seien die "Kreditflüsse immer noch ziemlich mager", andererseits habe sich die Lage doch seit dem zweiten Quartal deutlich verbessert. Almunia forderte gleichzeitig die Erarbeitung einer Exit-Strategie für die gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise geschnürten Konjunkturpakete in den nächsten vier Monaten. Bereits beim kommenden Finanzminister-Rat in Göteborg Anfang Oktober werde man sich "überlegen, ob Empfehlungen an die Adresse der EU-Länder ausgesprochen werden können, die eine zu hohe Verschuldung haben". Beim Ecofin-Rat im Dezember könne man dann neue Zahlen heranziehen, die die Kommission in ihrer nächsten Konjunkturprognose im November vorlegt. Außerdem müssten die Staats- und Regierungschefs über ein Ausstiegsszenario reden.
Was konkrete Zahlen über die bisherigen Hilfspakete im Kampf gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise betrifft, korrigierte die Kommission ihre noch im Frühjahr genannte Zahl von 1,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU für die Jahre 2009 und 2010 deutlich nach oben. Almunia erklärte, die September-Zahlen würden für heuer 1,4 Prozent ausweisen, dazu kämen nächstes Jahr nochmals 1,1 Prozent. "Das sind jetzt 2,5 Prozent des BIP", die für Anreize ausgegeben würden. Inklusive anderer Programme und der Rolle der automatischen Stabilisatoren komme man aber sogar auf 5,5 Prozent des BIP.
Gesamtminus des BIP der EU-27 bei 4 Prozent
Die Prognose der Kommission geht von Zahlen von sieben EU-Ländern aus - Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen und Großbritannien. Trotz des leichten Plus für das zweite Halbjahr dürfte sich das Gesamtminus des BIP der 27 EU-Staaten 2009 unverändert auf 4,0 Prozent belaufen. Almunia gab auch zu bedenken, dass die "Unsicherheiten" hoch blieben. Probleme könnte es bezüglich des Arbeitsmarktes geben. Hier würde die Entwicklung mit zwei bis drei Monaten Verzögerung zur Wirtschaftslage reagieren.
Was die verlangte Exit-Strategie aus dem Schuldenmachen der Staaten betrifft, gibt es weder Details über Inhalte noch über einen konkreten Zeitrahmen. "Zuerst müssen wir uns einigen, was wir darunter verstehen, wie wir die Unterstützungspakete für den Finanzsektor wieder abbauen. Mit welchem Rhythmus, wo müssen wir ansetzen, wie weit stimmen wir uns ab und unter welchen Bedingungen können Banken rekapitalisiert werden", so Almunia, der gleichzeitig vor "nicht koordinierten Aktionen" in der EU warnte, weil dies "zu großen Störungen und Spannungen" führen könnte.