Die großen ausländischen Supermarkt-Ketten sind in Polen bei den Bauern und der Regierungspartei PSL, der gemäßigten Bauernpartei, schlecht angeschrieben. Der Hauptvorwurf lautet, die Margen bei Lebensmitteln seien zu hoch. Der Dachverband der Landwirtschaftskammern (KRIR - Krajowa Rada Izb Rolniczych) fordert deshalb, auf den Produkten müssten empfohlene Richtpreise angegeben werden.
"Kein Wunder, dass die Kunden nur den Kopf schütteln, wenn Bauern protestieren", sagte Rafal Mladanowicz, Vorsitzender der Kammer der Getreideproduzenten, der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Denn die Kunden wüssten ja nicht, dass die Bauern nur einen Bruchteil des Preises erhielten, den sie im Geschäft zahlen müssen. Deshalb müsse es eine Begrenzung auf "sinnvolle Margen" geben, so der Vorsitzende der KRIR, Wiktor Szmulewicz. Ein Verkaufspreis von 20 bis 30 Prozent über dem Einkaufspreis sei in Ordnung, heute liege er vor allem in den großen Supermärkten "häufig über 80 Prozent", so Szmulewicz.
Im von der PSL geführten Agrarministerium stößt der Vorschlag auf vorsichtige Zustimmung. Der Vorschlag eines vom Hersteller empfohlenen Preises für Lebensmittel sei "der Überlegung würdig", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme von Vize-Agrarminister Artur Lawniczak.
Wirtschaftsminister Waldemar Pawlak (PSL) bringt indes weitere Vorwürfe gegen die großen Supermarktketten vor. Im öffentlichen polnischen Rundfunk äußerte er den Verdacht, die Unternehmen würden in Polen weniger Gewinn ausweisen als sie tatsächlich erwirtschaften. Es müsse vom Finanzamt überprüft werden, warum die gleichen Ketten in Frankreich oder Deutschland eine Rendite "zwischen 10 und 17 Prozent" erwirtschaften, während es in Polen nur ein Prozent sei, so Pawlak.
Handel weist Vorwürfe zurück
Der Handel weist die Vorwürfe weit von sich. "Die PSL will durch ihre Attacken nur von den Problemen der Bauern ablenken", sagte Andrzej Falinski, Direktor der Polnischen Organisation für Handel und Vertrieb, in der die großen Supermarkt-Ketten vertreten sind, der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Die Rendite im polnischen Einzelhandel liege bei drei Prozent, während sie in Deutschland niedriger seien. Auch Preisempfehlungen lehnen die Händler ab. Es könne nicht sein, dass ein Produkt in allen Landesteilen das gleiche koste, so Falinski.
Für einen Liter Milch bekommen polnische Bauern nach Angaben der "Gazeta Wyborcza" im Moment rund 0,8 Zloty (0,19 Euro), der Milchbetrieb 1,4 Zloty, und im Einzelhandel kostet er rund 2,4 Zloty. Ein Kilo Tomaten bringt dem Bauern im Moment 1,5 Zloty, beim Zwischenhändler kostet es 2 Zloty, und der Einzelhandel bietet es um 3 bis 4 Zloty an.