Slowenische Zeitung mit Geldstrafe mundtot gemacht

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Neuer Bericht über einen Angriff auf die Medienfreiheit in Slowenien: Ein Gericht in Ljubljana hat der angesehenen Tageszeitung "Dnevnik" unter Androhung drakonischer Geldstrafen von bis zu 500.000 Euro die Berichterstattung über Korruptionsvorwürfe gegen den italienischen Unternehmer Pierpaolo Cerani untersagt, der kürzlich bei einem der bedeutendsten Mischkonzerne des Landes eingestiegen ist.

Das teilte "Reporter ohne Grenzen" (RSF) mit. RSF sei "schockiert" über die am 6.8. erlassene einstweilige Verfügung des Kreisgerichts Ljubljana. Sie bedeute nämlich, dass "Dnevnik" bis zum Ausgang des anhängigen Gerichtsverfahrens zwischen Cerani und der Zeitung nur noch positiv über Cerani berichten darf.

Auf jede Verletzung der Verfügung stehe eine Strafe von 50.000 Euro, bis zu einem Gesamtbetrag von 500.000 Euro. Diese Strafen seien "unverhältnismäßig" und ein klarer Eingriff in die Redaktionsfreiheit, kritisiert RSF. "Die slowenischen Gerichte legalisieren eine Art der Zensur, die inakzeptabel für einen EU-Staat ist."

Laut RSF wurden die von "Dnevnik" verbreiteten Informationen zuvor schon in anderen Staaten veröffentlicht, ohne dass dies gerichtliche Konsequenzen gehabt hätte. Cerani stehe zudem der Weg offen, "Dnevnik" zu klagen und den Ausgang des Verfahrens abzuwarten. Die Gerichtsverfügung ziele in Wirklichkeit darauf ab, die Medien an der Untersuchung eines bedeutenden wirtschaftlichen Geschäfts zu hindern, "in deren Zuge Cerani eine der größten slowenischen Industriegruppen zu erwerben versucht".

Der in Klagenfurt lebende Triestiner Unternehmer Cerani hat kürzlich 30 Prozent am Getränkekonzern "Pivovarna Lasko" erworben, dem nicht nur beide Biermarken des Landes gehören, sondern auch der Mineralwasserhersteller "Radenska", ein bedeutender Anteil am größten Einzelhändler "Mercator" sowie die neben "Dnevnik" beiden anderen größten Tageszeitungen des Landes.

"Dnevnik" hatte über Ceranis Verbindungen mit dem früheren italienischen Kronprinzen Vittorio Emanuele von Savoyen und seine Verwicklung in mehrere Skandale berichtet. An einem dieser Skandale soll auch der frühere bulgarische Regierungschef und vormalige König Simeon (II.) Sakskoburggotski (direkter Cousin von Vittorio Emanuele) beteiligt gewesen sein. In einem anderen Fall ging es um die Lieferung von ärztlichen Gütern fragwürdiger Qualität nach Eritrea.

Mehrmals Angriffe auf Medienfreiheit

Slowenien ist in den vergangenen Monaten mehrmals wegen Angriffen auf die Medienfreiheit in die Schlagzeilen geraten. Im Sommer 2007 unterzeichneten mehr als 500 Journalisten eine Petition, in der der damalige konservative Regierungschef Janez Jansa direkt der Einschränkung der Medienfreiheit beschuldigt wurde. Dem Aufschrei gingen zahlreiche Berichte über Maßregelungen, Schreibverbote sowie eine Häufung von Personalwechseln an der Spitze der bedeutendsten slowenischen Medien voran.

Jene Medien, die sich auch dem informellen Einfluss des Staates entzogen, wie etwa "Dnevnik", sollten durch einen Anzeigenboykott von halbstaatlichen Unternehmen gefügig gemacht werden. An die Spitze des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders RTV Slovenija und der staatlichen Presseagentur STA wurden Personen gesetzt, denen eine Nähe zu Jansa nachgesagt wurde, und die Journalisten dieser Häuser klagten über eine Einschränkung ihrer Berichterstattungsfreiheit.

Die Zeitungen "Delo" und "Vecer" gerieten infolge einer - offiziell immer heftig dementierten - Absprache zwischen dem Jansa-Lager und dem "Pivovarna Lasko"-Eigentümer Bosko Srot in regierungsaffine Fahrwasser. Srot wandte sich vor der Parlamentswahl 2008, die Jansa knapp verlor, aber diesem ab und wurde umgehend zur Zielscheibe massiver Kritik, weil er seine "Pivovarna Lasko"-Anteile mit unlauteren Mitteln erworben haben soll.

Weil der Konzern im Zuge der Wirtschaftskrise in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist, trat Srot jüngst als Vorstandschef zurück. Dass einen großen Anteile jüngst überraschend an Cerani verkauft hat, werten Beobachter als Manöver des gestürzten Firmenchefs, sein Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.

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