Uni-Zugang: Sonderregelungen im EU-Vertrag selten

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Auch wenn im EU-Vertrag nur "ganz wenige Sonderregelungen" festgeschrieben sind, ist aus Sicht des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer die von Außenminister Michael Spindelegger (V) angestrebte Verankerung der Quotenregelung für das Medizin-Studium im Primärrecht durchaus möglich.

Prominente Beispiele, bei denen länderspezifische Interessen in Protokollen zum EU-Vertrag fixiert wurden, sind etwa die Beibehaltung des Abtreibungsverbots in Irland oder Großbritanniens Festhalten am Pfund. Die nächste Möglichkeit für eine Fixierung der Mediziner-Quote im EU-Vertrag bietet sich 2012 beim geplanten Beitritt Kroatiens und - sollte das Land bis dahin seine Finanzprobleme gelöst haben - Islands.

"Dann könnte man im Protokoll festhalten, dass Österreich bei den Medizin-Studenten eine Sonderregelungen treffen kann", so Obwexer zur APA. Dafür bräuchte es die Zustimmung aller 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie der betreffenden Beitrittsländer. In der Vergangenheit seien solche Zugeständnisse an einzelne Länder deshalb gemacht worden, damit nicht die Zustimmung zur EU-Verfassung gefährdet bzw. deren Änderung ermöglicht wird.

EuGH-Entscheidung zu Belgiens Unis

Die Frage der Mediziner-Quotenregelung könnte allerdings bereits im Februar oder März brisant werden. Dann wird nämlich laut Obwexer eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu einer vergleichbaren Regelung an Belgiens Unis erwartet. Die Generalanwältin des EuGH hatte die belgische Quotenregelung, mit der das Land den Ansturm französischer Studenten abwehren will, bereits im Juli als EU-rechtswidrig bezeichnet. Sollte der EuGH dieser Argumentation folgen, hätte dies laut Obwexer auch Auswirkungen auf Österreich: Sollte dann ein aufgrund der Quotenregelung abgewiesener Student zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) gehen, müsste dieser entweder dem EuGH-Urteil folgend dem Studenten Recht geben oder aber den Fall an den EuGH weiterleiten, der dann wohl ebenfalls gegen Österreich entscheiden würde.

Die derzeitige Ausnahmeregelung, wonach 75 Prozent der Plätze für Studenten mit österreichischem Maturazeugnis, 20 Prozent für EU-Bürger und fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger reserviert sind, endet 2012. Diese Quote widerspricht eigentlich der Gleichbehandlung aller EU-Bürger. Die scheidende EU-Kommission hat allerdings im Jahr 2007 wegen der großen Zahl deutscher Numerus-Claus-Flüchtlinge an Österreichs Medizin-Unis ein Moratorium gewährt und kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Damals wurde auch für Belgien ein ähnliches Verfahren ebenfalls bis 2012 ausgesetzt.

Nach der Aufhebung der Uni-Zugangsregelungen durch den EuGH 2005 und dem darauf folgenden Ansturm deutscher Studenten vor allem im Bereich Medizin hat Österreich 2006 in den Fächern Human- und Zahnmedizin eine Quotenregelung eingeführt.

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