Wissenschafter: Gorleben als Endlager ungeeignet

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Mehrere deutsche Wissenschafter halten den Salzstock Gorleben als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll nicht für geeignet. Der Leiter des Instituts für Geowissenschaften der Universität Jena, Gerhard Jentzsch, sagte dem ARD-Magazin "Panorama", er sehe die Gefahr, dass Wasser von außen einfließen und Radioaktivität in die Umwelt gelange könne. Die Unionsparteien halten dagegen weiter an Gorleben fest.

"Es ist bekannt, dass aufgrund von eiszeitlichen Aktivitäten das Deckgebirge beschädigt ist. Das heißt, die Abdichtung nach oben ist nicht komplett, ist nicht ausreichend." Auch der Hamburger Geografieprofessor Eckhard Grimmel äußerte sich ähnlich.

Der Kieler Geologe Klaus Duphorn, der vor Jahrzehnten in einem Gutachten Zweifel an der Eignung von Gorleben geäußert hatte, sprach in dem ARD-Magazin davon, er sei bedrängt worden, damit er sein negatives Votum ändere. Das habe er abgelehnt.

CDU/CSU hängen an Gorleben

Die Union (CDU/CSU) will hingegen an Gorleben festhalten. Die Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katherina Reiche, widersprach den Zweifeln von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) an der Eignung dieses Standorts im Wendland.

"Totgesagte leben länger", sagte die CDU-Umweltexpertin, nachdem Gabriel Gorleben als Endlager für "tot" erklärt hatte. Dies geschehe vier Wochen vor den Wahlen, sagte Reiche. "Auf einmal tauchen Dokumente auf, die belegen sollen, Gorleben sei nicht seriös ausgewählt worden."

Lange Zeit sei der Minister dankenswerter Weise allen Versuchen entgegengetreten, Gorleben mit dem maroden Bergwerk Asse für leicht und mittelstark strahlenden Atommüll gleichzusetzen. Sie fügte jedoch hinzu: "Knapp eine Woche vor einer geplanten Großdemonstration gegen Gorleben tut er genau dies.

Nach diesen Sinneswandeln ist klar: Dem Minister geht es nicht um eine Lösung der Endlagerfrage, sondern nur darum, Wahlkampf zu führen." Zur Begründung seiner Position hatte Gabriel begrenzte Erkundungsrechte in dem Salzstock geltend gemacht und "vertuschte" Bedenken gegen die Eignung im Jahr 1983 durch die damals unionsgeführte Bundesregierung.

Reiche: "Ob Gorleben für die Endlagerung geeignet ist, kann nur festgestellt werden, wenn es seriös erkundet wird. Die Vorschläge der Union hierfür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Alle Fragen, deretwegen unter Rot-Grün die Erkundung von Gorleben unterbrochen hatte, sind beantwortet. Dennoch blockiert der Minister die weitere Erkundung. Wer so handelt, der nimmt sich selbst aus dem Spiel."

Der niedersächsische Landesumweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sagte der "Berliner Zeitung", man müsse Gorleben "zu Ende erkunden". Dann müssten internationale Wissenschaftler die Eignung des Standorts prüfen. Gabriels Äußerung, der Standort Gorleben sei als Endlager "tot", kritisierte der FDP-Politiker als Wahlkampfmanöver.

"Noch lange nicht geklärt"

Die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss von gut 100 Organisationen, nannte die Endlagerfrage "noch lange nicht geklärt". Sie rief ebenso wie Grüne und Linke zur Teilnahme an der am 5. September in Berlin geplanten Großdemonstration gegen Atomkraft auf. Deutschland stehe vor einer "Systementscheidung" zwischen erneuerbaren Energien und Klimaschutz einerseits und Atom-und Kohlekraft sowie Konzernmonopolen andererseits.

Die Initiative "ausgestrahlt" forderte angesichts eines fehlenden Standorts für ein Endlager ein vorzeitiges Aus für Atomkraftwerke. "Nur ein stillgelegter Reaktor erzeugt keinen weiteren Atommüll."

Einer von Gabriel vorgelegten Studie zufolge befindet sich die Atomkraft seit Jahren in einem globalen Abwärtstrend. Eine sinkende Zahl von Reaktoren produziere einen immer geringeren Teil der weltweit genutzten Endenergie, erklärte das Bundesumweltministerium. Verfügbares Fachpersonal, Geld und Industriekapazitäten reichten nicht aus, um den Niedergang aufzuhalten, "geschweige denn, die Zahl der Reaktoren zu vergrößern".

Der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, wandte sich gegen längere Laufzeiten. Damit würde ein mühsam gefundener gesellschaftlicher Kompromiss aufgekündigt, sagte König dem ARD-Magazin "Panorama". Dies aber würde "die Lösung des Endlagerproblems wieder in weite Ferne verschieben".

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