Die Wiener Kaffeehauslegende Leopold Hawelka feiert am Sonntag seinen 99. Geburtstag. Trotz seines hohen Alters kommt der Jubilar, der von der Kellnerschaft liebevoll "Opa" genannt wird, nach wie vor in sein gleichnamiges Traditionscafe in der Dorotheergasse beim Graben. "Wenn der Chef nicht da ist, geht's ja nicht", fühlt sich der gebürtige Mistelbacher im APA-Interview nach wie vor als Hausherr.
Geleitet wird der Betrieb inzwischen von seinen Enkeln Amir und Michael. Doch der Kaffeesieder-Methusalem verbringt jeden Tag rund drei Stunden in seinem weit über Wiens Grenzen hinaus bekannten Lokal. "Er kann ohne das Kaffeehaus nicht leben", erklärt Sohn Günter, ebenfalls bereits im Pensionsalter. Eröffnet hatte der am 11. April 1911 geborene Leopold Hawelka das Cafe 1939 gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen Frau Josefine. Ab den 1960er Jahren etablierte sich das "kleinste aller Weltlokale", wie es Sonja Moser in ihrem kürzlich erschienen Buch "Das Hawelka. Geschichte & Legende" nennt, zum Künstlertreff der heimischen Avantgarde, der Protagonisten wie Helmut Qualtinger, Oskar Werner oder Friedensreich Hunderwasser als Arbeits- und Wohnzimmerersatz diente.
Heute wird das nicht einmal 100 Quadratmeter große Cafe, dessen Interieur seit damals praktisch unverändert blieb, auch von jeder Menge Touristen bevölkert. Hawelka selbst - nach wie vor adrett gekleidet, Jackett und Fliege inklusive - genießt Melange und Mehlspeise an seinem Stammplatz neben der Schank. Ist die braune Bohne das Geheimnis für ein langes Leben? "Kaffee trink ich weniger", winkt der Altcafetier ab. Er habe vielmehr immer "solid" gelebt. Kein ausschweifendes Leben, innere Zufriedenheit und eine wunderbare Ehe seien wohl ausschlaggebend für das respektable Alter des Herrn Papa, mutmaßt der Sohnemann.
Das liebste Backwerk sind dem Seniorchef freilich die Buchteln, ohne die er sich sein Kaffeehaus gar nicht vorstellen könne. Tatsächlich haben die gefüllten Germziegel im Hawelka so etwas wie Legendenstatus. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2005 von Leopoldine selbst in den Ofen geschoben, kümmert sich mittlerweile Günter um den süßen Nachschub - und zwar ebenso gut und "mit viel Liebe" wie einst die Chefin, wie der Noch-98-Jährige versichert. Der Sohn, gelernter Konditor, gibt sich da ungleich selbstkritischer: "Die Mama hat die Buchteln schon besser gemacht als der Bambino", schmunzelt er.
Beim Thema Rauchen bzw. Rauchverbot zeigen die beiden jedoch Einigkeit. "Was mach ich im Kaffeehaus, wenn ich nicht rauchen kann?", fragt sich Günter, selbst bekennender Glimmstängelverweigerer. Wenn man in derartigen Etablissements nicht mehr qualmen dürfe, solle man gleich die Zigarettenproduktion einstellen: "In den eigenen vier Wänden zu rauchen, ist ja auch nicht das Wahre."
Das Hawelka werde auch nach dem 1. Juli ein Raucherkaffeehaus bleiben, ist sich der Nachfahre sicher. Eine räumliche Trennung sei aufgrund der historischen Bausubstanz nicht möglich. Vater Leopold denkt einstweilen schon an seinen 100er - für den er auch schon Pläne hat: "Rambazamba".