Am 22. Oktober findet jährlich der Welttag des Stotterns statt.
An diesem besonderen Tag stehen die täglichen Herausforderungen, mit denen Menschen, die stottern und rund ein Prozent der globalen Bevölkerung repräsentieren, konfrontiert sind, im Mittelpunkt der medialen und öffentlichen Aufmerksamkeit. Um auf das Thema Stottern aufmerksam zu machen, organisieren nationale Einrichtungen diverse Aktionen, Events und Veranstaltungen.
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König Georg VI. war wohl einer der berühmtesten Stotterer, der mit Hilfe von einfühlsamen Therapeuten seine Redefluss-Störung überwand und dessen verfilmte Lebensgeschichte 2010 die ganze Welt berührte.
Interview mit Ex-Betroffenem
Wir haben anlässlich des Welttag des Stotterns mit einem Betroffenen gesprochen, der 15 Jahre lang darunter litt und nun anderen mit seiner Lebensgeschichte Mut machen will.
Wann hast du das erste Mal gemerkt, dass du stotterst?
Mir persönlich ist es nicht aufgefallen, sondern meinen Eltern, dass ich da Probleme mit dem Sprechen habe worauf sie mich zu einem Logopäden (damals noch in Polen) schickten.
Wie bist du dann damit, vor allem als Kind und Teenager umgegangen?
Als kleines Kind merkt man überhaupt nicht, dass man Probleme mit dem Sprechen hat, für mich war irgendwie alles ganz normal. Mir ist es eigentlich das erste Mal im Teenageralter aufgefallen, es hat mit starkem Stottern angefangen, später kamen dann noch die immer heftiger werdenden Sprachblockaden dazu. Am meisten störte es mich natürlich als ich angefangen mich für das andere Geschlecht zu interessieren. Unterhaltungen mit Mädchen vielen mir damals extrem schwer und wurden von meiner Seite meist nach wenigen Minuten wieder abgebrochen, da ich ohnehin nicht sagen konnte was ich sagen wollte.
Wie hat sich diese Zeit für dich damals angefühlt?
Es hat sich damals extrem schrecklich angefühlt. Ich habe gleich in der Früh gemerkt ob es ein 'guter' oder 'schlechter' Tag werden würde und wie sehr mich mein Stottern diesmal einschränken würde. Vor jedem Gespräch musste ich mir die Frage stellen ob es wirklich Sinn macht und wichtig ist oder ob ich dem Gespräch auskommen kann und mich wieder zurückziehe.
Wie hat das Stottern damals dein Leben sonst noch beeinflusst?
Mit 18, 19 möchte man natürlich so viel wie möglich selbst erledigen. Doch es gab ständig irgendwelche Situationen wo das für mich nicht möglich war. Im Restaurant mit Freunden habe ich immer das bestellt was alle anderen genommen haben um nicht selbst ausführlich mit dem Kellner unterhalten zu müssen. Oder auch bei Arztterminen, da musste immer noch meine Mutter für mich anrufen und dem Termin ausmachen, da ich einfach dazu nicht in der Lage war.
Wie ging es dann weiter?
Im Alter von 22 habe ich mich dann dazu entschlossen abermals auf eine Sprachschule zu gehen um mein Stottern und meine Sprachblockade endlich in den Griff bekommen. Zwar war ich bereits mit 14 wenige Wochen in so einem Institut, allerdings nur mit bedingtem Erfolg, da mich als 14-Jähriger alles ein wenig überfordert hatte. Bereits nach einer Woche musste man praktische Übungen auf der Straße und im Alltag absolvieren. Durch mein jahreslanges Stottern viel mir dies allerdings besonders schwer mich meinem "Problem" endlich gänzlich zu stellen und es in den Griff zu bekommen. Mit 22 war der Leidensdruck allerdings so groß, dass es für mich eigentlich keine Alternative mehr gab.
Wann hattest du das Gefühl, dass du dein Stottern langsam in den Griff bekommst?
Als ich mich mit 22 dann abermals in eine Sprachschule begeben habe, konnte ich die erste Woche eigentlich gar nichts sprechen. Zu aufgeregt war ich, mich wieder in einem völlig neuen Umfeld meinem Problem zu stellen. Doch nach und nach, schaffte ich es, dank der diversen Übungen und Vertrauen erste Erfolge zu erzielen. Musste ich mir anfänglich noch jeden Satz, den ich mit jemandem sprechen wollte zuerst aufschreiben um ihn dann langsam vorzulesen, gelang es mir so von Woche zu Woche immer freier und auch ohne Zettel mich einem Gespräch zu stellen. Mit jedem dieser Erfolge wuchs auch mein Selbstbewusstsein und meine Angst vor dem Stottern verflog Zusehens.
Wie geht es dir heute mit deinem Stottern und warum ist es dir so wichtige über deine Geschichte zu sprechen?
Ich kann alles sagen was ich will. Ich muss mir auch keine Gedanken machen ob ich ein Gespräch führen kann oder nicht, ich führe es einfach stotter- und angstfrei. Was sich für die meisten völlig normal anhört, hat mich wirklich jahrelang an Kraft und Training gekostet. Es ist auch eine unglaubliche psychische Belastung wenn man das Gefühl hat man kann sich eigentlich nie wirklich ungezwungen artikulieren. Heute bin ich einfach frei und glücklich! Ich möchte mit meiner Geschichte einfach Mut machen und Menschen dazu animieren, sich nicht zu verstecken, sondern an ihrem Sprachproblemen zu arbeiten. Das schlechteste, meiner Meinung nach, was man machen kann, ist sich zurückzuziehen und nach und nach immer weniger am öffentlichen Leben teilzuhaben. Das ist wie auch schon vorher gesagt habe psychisch eine unglaubliche Belastung. Mir ging es genau so und auch ich habe viele Jahre darunter gelitten, doch am Ende habe ich es geschafft mich davon zu befreien. Ich kann mir gut vorstellen, dass es viele Menschen da draußen gibt, denen es ähnlich oder genau so ergeht. All jenen kann ich nur raten, gebt euch nicht auf, lasst euch nicht runterziehen, nehmt euch die Zeit und stellt euch euren Problemen. Auch wenn es sicherlich nicht von heute auf morgen geht, es zahlt sich definitv aus.
Was kann ich machen, wenn ich selbst vom Stottern betroffen bin? Wohin kann ich mich wenden?
Jeder ist da sicherlich diesbezüglich anders, mir hat z.B. die Sprachschule unheimlich geholfen. Diverse Logopäden bei denen ich war allerdings kaum bis gar nicht. Wichtig finde ich folgendes, teile dich deinem Umfeld mit, lass dir Helfen wenn jemand dir diesbezüglich helfen kann und helfen will. Informiere dich im Internet und such dir eine Hilfestellung die zu dir passt und bei der du dich wohlfühlst und ganz wichtig, lass dich nicht unterkriegen und beiß dich durch. Ich habe es geschafft also kannst du das auch!