Buch der Woche

Der neue Beststeller: ''Mon Chéri und unsere demolierten Seelen''

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Der Roman ist über große Strecken in Dialogform geschrieben, darum sehr mitreißend. 

Authentisch. Verena Roßbacher hat mit ihrer Protagonistin Charly Benz eine ungewöhnliche Frauen­figur erdacht: Sie raucht, isst Gluten, macht keinen Sport, lebt allein. Dabei ist die Hauptperson vielleicht nur deswegen ungewöhnlich, weil sie authentisch sein darf: Charly ist nicht schön, das wird im Gespräch mit ihrem Briefberater Schabowski deutlich, sie fühlt sich mit ­ihren 43 Jahren alt, besonders deswegen, weil sie nicht reich an guten Erfahrungen ist: Der Marketingjob ist nett zum Geldverdienen, die Sehnsucht nach einem Partner groß, der Vater seltsam, die Mutter zu früh gestorben. Als ihre Schwester Sybille ihr eine Familienaufstellung schenkt, ist Charly, die beim Büffetessen reinhaut, auch wenn sie nicht hungrig ist, zu geizig, um nicht hinzugehen. Diese Erfahrung löst skurrile Geschehnisse aus.

Roman mit Buchpreis 2022 ausgezeichnet

Dialoge. Dieser Roman ist, wie Charly, eine Wucht. Wir lesen viel vom Gequatsche der Hauptfigur in ­Dialogform, sie lässt uns dicht an ihren Empfindungen teilhaben, mitleiden. Ihr Leben sei, laut Prolog, ohne Sex und ohne Träume, doch das stimmt schließlich nicht so ganz. Mit ihrem Briefberater Schabowski, den sie engagiert hat, um ihre Korrespondenz für sie zu lesen und mit ihr dann zu besprechen, verbindet sie zuerst nur das Geschäftliche und die Leidenschaft für Dallmayr-Kaffee und ­Supermarktpralinen. Kurz vor dem bittersüßen Ende ist es dann längst eine Freundschaft geworden. Autorin Verena Roßbacher hat für ihren vierten Roman den Österreichischen Buchpreis gewonnen. Für sie eine Überraschung: „Das war nicht auf meiner Agenda!“ Witzig, tragisch, unterhaltsam sollte „Mon Chéri“ auf jeder Lese­agenda stehen. 

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