Im Großen Festspielhaus brillierte das Salzburger Ensemble mit jenem Programm, mit dem Herbert von Karajan 1929 seine Weltkarriere startete.
Es ist nicht wirklich neu, aber manchmal muss etwas immer wieder gesagt werden: Das Mozarteum Orchester Salzburg hat sich unter Ivor Bolton (und seinem Vorgänger Hubert Soudant) zur Weltklasse entwickelt. Erneut überprüft werden konnte diese Behauptung gestern, Samstag, Abend im Großen Festspielhaus. Das Mozarteum Orchester hatte zu einem Herbert von Karajan-Gedächtniskonzert geladen und damit einen künstlerisch aufregenden Startschuss gegeben zum Karajan-Jahr 2008.
Karajans Programm
Auf dem Programm standen genau jene Werke, mit
denen Karajan im Jänner 1929 erstmals als Dirigent öffentlich auftrat.
Tschaikowskys 5. Symphonie in e-Moll, Mozarts Klavierkonzert KV 488 in A-Dur
und die Tondichtung "Don Juan" von Richard Strauss. Karajans Vater hatte
damals das Mozarteum Orchester einfach gemietet und seinem 20-jährigen Sohn
so den Weg geebnet zum ersten Engagement nach Ulm und dann sehr schnell in
die Oberliga des europäischen Musikbetriebes, den Karajan bis zu seinem Tod
1989 wie kein anderer beherrschen sollte. Doch zu allererst stand die Musik,
und das "Salzburger Volksblatt" schrieb am Tag nach Karajans Debüt: "Sein
erster öffentlicher Schritt auf das Dirigentenpodium ... zeigt einen
starken, gezügelten Dirigentenwillen, der sich durchzusetzen versteht.
Tschaikowskys fünfte Symphonie und Strauss' 'Don Juan' lösten zündende
Wirkung aus. Der Abend war, ohne Lokalpatriotismus gesagt, eine kleine
überraschende Sensation."
Topleistung von Dirigent Ivor Bolton
Nicht weniger überflüssig
ist dieser Lokalpatriotismus in der Kritik des selben Mozarteum Orchesters
und seines wesentlich weniger nach musikalischer Allmacht strebenden, aber
musikalisch ebenso beeindruckenden Ivor Bolton. Mag sein, dass Bolton
ungeeignet ist als Projektionsfigur außermusikalischer Sehnsüchte eines an
Stars und Glamour interessierten Publikums. Aber in allen anderen Bereichen
des Dirigierens hat Bolton gestern Abend erneut eine Topleistung geliefert.
Und das Orchester hielt mit und hielt Stand. Die Musiker schafften die
langen Gestaltungs-Bögen im ersten Satz und verloren die Spannung nicht ein
einziges Mal. Auch im zweiten, dem dramatisch aufgeladenen, besonders
gehaltvollen Satz verband das Team um Bolton kraftvolles und zügiges
Draufhalten mit Eleganz und Feinsinnigkeit. Selbst im vierten, dem oft so
durchgeholzten Allegro Vivace, verweigerten sich Dirigent und Orchester dem
platten Gestampfe und verhalfen dieser so abgespielten Symphonie zu
strahlender, frischer Leuchtkraft. Tschaikowsky dankte und gab die Struktur
seiner Komposition preis.
Handwerkliche Billanz
Für Mozart gilt das etwas weniger, auch
wenn sich Lars Vogt und das natürlich drastisch verkleinerte Mozarteum
Orchester mit handwerklicher Brillanz und eleganter Luftigkeit durch das
A-Dur-Klavierkonzert turnten. Aber die Ecksätze vertrügen, ja bräuchten eine
kräftige Portion mehr Pepp und Spritzigkeit. So dominierte das tadellos
Zurückhaltende der jungen, noblen Schule.
Außerordentliche Klangkultur
Dafür brauste der Abend mit
Strauss noch einmal auf. In "Don Juan", dem etwas ungestümen Jugendwerk vom
Großmeister der orchestralen Farben, bewies das Orchester seine
außerordentliche Klangkultur besonders eindrucksvoll. Von ein paar
Kleinigkeiten abgesehen wirkten alle Instrumentengruppen stabil und souverän
in dieser romantischen Schwelgerei, kraftvoll und dennoch nie brachial. Ein
stimmiger Auftakt zu einem Karajan-Gedächtnis, und ein gutes Omen für alle
musikalischen Huldigungen, die noch kommen mögen.