Auf einem unbebauten Grundstück wuchert Unkraut. Dazwischen häufen sich Hundekot, Schutt und Müll. Für die Nachbarn sind solche ungenutzten, vergammelten Brachflächen ein Dauerärgernis. Doch immer mehr Anwohner oder Gartenfreunde ergreifen die Initiative und wollen aus den Schandflecken grüne Oasen machen. Die Idee kommt aus New York und heißt dort "Guerilla Gardening" oder "Community Garden".
Hierzulande haben sich Begriffe wie "Nachbarschaftsgarten" oder "Gemeinschaftsgarten" durchgesetzt. Eine der Pionierinnen in Sachen Gemeinschaftsgarten ist Julia Jahnke. Die gelernte Gärtnerin und studierte Gartenbauwissenschaftlerin hat in Berlin zahlreiche Gartenprojekte mit initiiert. "Ich habe früher in einer Kleinstadt gelebt. Wir hatten immer einen Garten. Das hatte ich in Berlin plötzlich nicht mehr", erzählt Jahnke. "Und ich habe sehr schnell festgestellt: Es ist gar nicht so leicht, in der Stadt einen Garten zu haben. Schon gar nicht, wenn man kein Geld hat."
So wie Julia Jahnke geht es vielen Stadtbewohnern. "Vor allem junge Familien engagieren sich für begrünte, nutzbare Flächen und für Spielbereiche für ihre Kinder", sagt Cornelia Oschmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Urbane Ökophysiologie der Humboldt-Universität in Berlin.
Doch der Weg zum grünen Fleckchen ist mühsam. "Sinnvoll ist es, zunächst in der Nachbarschaft Unterstützer für die Idee eines Gemeinschaftsgartens zu suchen", rät Oschmann. Findet sich so eine Interessengemeinschaft, so stellt sich die Frage, wie sie ihr Miteinander organisiert. "Hier sind alle Formen denkbar - von einem formlosen Zusammenschluss bis zum Verein", sagt Garten-Aktivistin Jahnke.
Dabei muss allen Beteiligten klar sein: Ein Gemeinschaftsgarten ist etwas anderes als der Privatgarten hinter dem Einfamilienhaus. Eine begrenzte Fläche muss geteilt werden. Das geht nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme. Gleichzeitig sind Ressourcen wie Wasser, Strom oder auch Kompost begrenzt.
Soll die grüne Oase von längerer Dauer sein, geht das nur in Absprache mit dem Besitzer. "Private Besitzer lassen sich über Grundbuch-, manchmal auch über Vermessungsämter ermitteln", rät Christa Haverbeck von der Sanierungsverwaltungsstelle des Berliner Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Auch die Rücksprache mit dem Umweltamt und dem Stadtplanungsamt ist sinnvoll. "Wir konnten die Aktivitäten von zahlreichen Initiativen unterstützen, da die Brachen in sogenannten Sanierungsvierteln lagen."
Ist der Eigentümer gefunden, gilt es, sich mit ihm zu verständigen. Im Idealfall wird ein Zwischennutzungsvertrag abgeschlossen. Er beinhaltet vor allem Art und Dauer der Nutzung. "Viele Besitzer legen Wert auf eine kurze Kündigungsfrist", beobachtet Haverbeck. Formalien wie die Verantwortung für die umfassende Verkehrssicherheit, die Regelung der Grundbesitzerhaftpflicht sowie Straßenreinigung, Schnee- und Eisbeseitigung müssen ebenfalls geklärt werden.
Ob legal oder illegal: Der erste praktische Schritt zum Gemeinschaftsgarten ist meist eine grundlegende Räumung der Brache von Schutt und Müll. Dann kann die Infrastruktur organisiert werden. "Bauliche Einrichtungen werden angesichts von zeitlich begrenzter Nutzung, geringen Fördermitteln und Sponsorengeldern am besten so kostengünstig wie möglich konstruiert", empfiehlt Oschmann. Holz statt Naturstein ist die Devise.
Als großes Problem erweist sich oft der Zugang zu Wasser. Im Idealfall sind Absprachen mit den direkten Anwohnern möglich, bei legalisierter Nutzung eventuell auch mit der Kommune. Ergänzend wird Regenwasser gesammelt.
"Versierte Gärtner werden die Bepflanzung ganz gezielt planen. Wer jedoch wenig Erfahrung hat, wird einfach anfangen. Dann lernen alle gemeinsam. Außerdem wächst die Gruppe zusammen", erklärt Jahnke. Gut machen sich pflegeleichte, schnellwüchsige Pflanzen wie Pfefferminze und andere Kräuter oder Kürbisse. Anspruchslose Ringelblumen sorgen rasch für Farbenpracht.
INFO: www.gruenewelle.org, www.guerillagardening.org, www.urbanacker.net