Im Sommer, wenn temperaturbedingt alle Hüllen fallen, entblößt so mancher unerwartete Bildchen auf der Haut.
Ob die ruhige Praktikantin, die sich bisher die Ärmel des Wollpullovers bis zu den Fingerknöcheln gezogen hatte, der elegante Banker im offenen Kragen seines gestärkten Hemds oder die Freelancer-Graphikdesignerin, die momentan hauptberuflich erst mal Mami ist. Fun Fact: Sowohl Ötzi als auch Kaiserin Sissi waren etwa tätowiert. Überdies sind traditionelle Tätowierungen bei etlichen indigenen und Stammesvölkern verbreitet.
Von Totenschädel bis Ode an die Malerei
Was sich da nach kalten Wintermonaten erstmalig wieder dem Sonnenlicht preisgibt, ist an Vielfalt nur von Mutter Natur zu übertreffen: Old-School Motive, wie man sie etwa mit Matrosen und Seefahrt assoziiert; Oriental, also japanischer oder östlicher Stil, besonders bekannt sind hier Motive mit Koi-Karpfen und Fischreihern; an traditionelle Maori/Samoaner/Polynesische Stammestätowierungen angelehnte Tattoos und, und, und. Größter Beliebtheit erfreuten sich in den letzten Jahren auch die verträumten Watercolour-Motive: Hier wird ohne Outlines gearbeitet und in aquarellartiger Optik. Ebenfalls beliebt: Fineline und Mini-Tattoos. Erstere bestechen durch ihre besonders zarten Linien, zweitere sind so klein und dezent, dass sie kaum auffallen.
Vom Tintenfässchen zum Hautgemälde
Moderne Tätowierungen werden zumeist mit einer Maschine gestochen, die die Farbe mit um die 120 Stichen pro Sekunde unter die Haut einbringt. Dabei dringt die Nadel ein bis drei Millimeter in die Haut ein, wobei sie die oberste Hautschicht durchsticht und in der Dermis oder Lederhaut zu liegen kommt. Von dort schimmern die Farbpigmente durch die darüber liegende Hautschicht und bilden die Tätowierung.
Was passiert im Körper?
Allerdings verbleibt die Farbe laut Forschungen in 90 Prozent der Fälle nicht vollständig in der Lederhaut. Kurz nach beziehungsweise während des Tätowierens reagiert die Haut mit einer Entzündungsreaktion. Wer schon mal „stechen“ war kennt’s: Es wird rot, es wird heiß, es tut weh. Im weiteren Prozess des Abheilens erkennt das Immunsystem die Farbpartikelchen als Fremdkörper und transportiert sie mithilfe von Fresszellen in die nächstgelegenen Lymphknoten. Diese reichern sich mit der jeweiligen Farbe an. So sind etwa Lymphknoten in der Nähe eines roten Tattoos rot eingefärbt.
Gesundheitsrisiko Tattoo?
Ob Tätowierungen langfristige gesundheitliche Folgen haben ist bisher unklar. In Österreich ist allerdings gesetzlich festgelegt, welche Inhaltsstoffe in Tattootinte enthalten sein dürfen. Diese dürfen nicht nachweislich mit gesundheitlichen Risiken assoziiert sein sowie allergisierend oder toxisch wirken. Die EU-Kommission veröffentlicht überdies eine Liste bedenklicher Tattoo-Farben. Das heißt allerdings nicht, dass andere Farbpigmente und Inhaltsstoffe völlig unbedenklich sind, es wurden schlicht bisher keine gesundheitlichen Auswirkungen derselben gefunden. EU-weit gelten Verordnungen und Richtlinien, die für die Mitgliedsstaaten bindend sind. Dies ist allerdings nicht der Fall in vielen beliebten Urlaubsländern mit geringeren Hygienestandards, aus denen gerne auch mal ein „Peckerl“ als Andenken heimgebracht wird. Neben verunreinigter Tinte besteht die Gefahr einer Infektion mit HIV, Hepatitis B oder C, verschiedenen Bakterien oder Pilzen. Von einem solchen Urlaubssouvenir ist also deutlich abzuraten.
Lieber ein paar Nächte drüber schlafen
Ein Tattoo ist gut zu überlegen. Denn auch wenn laut Studien bis zum Lebensende etwa 80 Prozent der Farbe vom Körper abgebaut wird, ist eine Tätowierung verbindlich. Laserentfernungen kosten Geld, sind schmerzhaft und es braucht mehrere Sitzungen bis das Tattoo vollkommen verblasst ist. Und ein Tattoo nimmt Pflege in Anspruch. Wer seinen Körperschmuck lange schön und kräftig erhalten möchte, der sollte im Sommer brav mit LSF 50 eincremen. Ebenso sollte die Platzierung bedacht werden, auch im Hinblick aufs Berufsfeld.
Längst nicht mehr ein Knaststempel
Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass insbesondere hochwertige Tätowierungen und solche, deren Motive nicht anstößig oder kulturell aneignend wirken, inzwischen salonfähig sind. Einfach auch, weil inzwischen über 40 Prozent der unter 30-Jährigen Farbe unter der Haut tragen. Wer da jetzt meckert, dass früher nur Kriminelle tätowiert waren und das dem eigenen Geschmack sowieso gar nicht entspräche, der möge sich auf sich selbst konzentrieren. Denn der Körper anderer – von Gewicht über Behaarung bis hin zum „Peckerl“ - geht ihn/sie schlicht nichts an.