Experten verraten, wie Sie ihre Energiespeicher wieder füllen.
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Eigentlich verheißt die Zeit um den 21. März – der Tag, an dem der Frühling offiziell begrüßt werden darf – viel Gutes: Es ist nicht mehr finster, wenn wir abends das Büro verlassen. Der Wintermantel darf immer öfter im Schrank bleiben und an den Blumenständen lachen uns Tulpen und Narzissen ins Gesicht.
Kollektives Gähnen
Doch vielen Menschen ist, kaum ist der Schnee geschmolzen, mehr zum Gähnen denn zum Grinsen zumute: 60 bis 70 Prozent aller Österreicher leiden – in unterschiedlichem Ausmaß – unter der so genannten Frühjahrsmüdigkeit. Typische Kennzeichen: morgendliche Gähn-Attacken, obwohl man eigentlich genug geschlafen hat. Weiters: Erschöpfung und Müdigkeit ohne ersichtlichen Grund, Unlust-Gefühle sowie Kreislaufprobleme und Wetterfühligkeit.
Ursachen
Die Gründe für das verbreitete Leiden sind noch nicht vollständig erforscht. So vermuten manche Wissenschaftler einen Mangel an Nährstoffen hinter den Symptomen: Nach den Wintermonaten seien unsere Reserven an Vitaminen, Magnesium und Zink verbraucht und darauf reagiere der Körper mit wochenlanger Schlappheit.
Nährstoffdefizite
Unsinn, kontern andere Forscher: In Zeiten ganzjähriger Obst- und Gemüseversorgung könne es keine Nährstoffdefizite geben. Vielmehr befinde sich der Körper von November bis März in einer Art Winterschlaf: Erst durch das Licht der wieder längeren Tage schütte der Körper verstärkt das Glückshormon Endorphin sowie die Sexualhormone Testosteron und Östrogen aus. Diese Umstellungen kosten den Menschen so viel Energie, dass er darauf mit bleierner Müdigkeit reagiert.
Melatonin
Eine dritte Theorie geht von einem Übermaß des Schlafhormons Melatonin im Körper aus: Die kurzen Wintertage haben den Körper zur vermehrten Bildung des Hormons Melatonin angeregt, um uns erholsame Nächte zu gönnen. Am Ende des Winters befinde sich nun so viel Melatonin im Körper, dass wir uns auch tagsüber schläfrig fühlen.
Anpassung
Asiatische Philosophien wiederum interpretieren die Frühjahrsmüdigkeit als Anpassungsphase im Körper: „Wenn die Natur zu neuem Leben erwacht, treibt auch die Yang-Energie wieder voran. Der Organismus stellt sich von Winterruhe auf Aktivität um. Dabei leisten Leber- und Gallenmeridian Schwerstarbeit – und das macht müde“, erklärt Claudia Dungl-Krist, Expertin für chinesische und europäische Heilkräuter.
Fit-Food
Sie ist davon überzeugt: Mit der richtigen Ernährung lässt sich das großen Gähnen stoppen. Neben bestimmten Heilkräutern sollte nun Getreide, das den Körper von innen erfrischt (wie Dinkel, Bulgur oder Couscous) auf den Teller. „Die Müdigkeit im Frühjahr kann aber – gerade bei Frauen – auch mit Eisenmangel zu tun haben. Wer hin und wieder zartes Kalbfleisch isst, wirkt dem entgegen. Rindfleisch sollten Sie im Frühjahr besser vermeiden, da es leicht zu Kopfschmerz führen kann“, so Pharmazeutin Dungl-Krist. Auch Geflügel – idealerweise mit Blattsalaten oder aus dem Wok mit Gemüse kredenzt – tut dem Körper jetzt gut. „Meiden Sie aber Frittiertes. Die schwere Küche ist jetzt passé: Zu viel Fett belastet den Körper unnötig“; warnt sie.
Zitrusfrüchte
Dafür sollen Zitrusfrüchte – im Winter aufgrund ihrer kühlenden Eigenschaften von der China-Medizin verpönt – nun wieder genossen werden: „Sie machen aktiv und helfen dem Körper beim Entgiften. Insbesondere Grapefruits binden durch die enthaltene Glucuronsäure Schlacken, die dann über den Harn ausgeschieden werden“, so die Expertin. Gesund ist zudem das erste Grün: Ob Kresse oder Bärlauch – die Kräuter sind Vitamin- und Mineralstoffpakete, die dem Körper die Umstellungsphase erleichtern. Als absolutes Star-Gemüse gelten jedoch Radieschen: „Sie liefern uns Selen für die Immunkraft, Eisen gegen chronische Müdigkeit, Magnesium fürs Herz und Kalium für Muskeln und Nerven“, schwärmt Dungl-Krist. Zusätzlich binden die enthaltenen Senföle das Fett aus der aufgenommenen Nahrung und führen sie über den Darm ab. „Man könnte sagen, Radieschen sind Abspeck-Pillen ohne Nebenwirkungen. Wer sie nicht so gerne mag, kann auch zu würzigen Alfalfa-Keimen greifen und diese im Salat oder am Brot genießen. Sie bringen unsere Verdauung und den Kreislauf auf Vordermann“, erklärt die Fachfrau.
Rescue-Rezepte
Der Durchhänger zum Saisonstart lässt sich aber auch mit Bewegung sehr gut therapieren: Moderate Ausdauersportarten wie Walking, Spazierengehen oder Radfahren an der frischen Luft bringen den Kreislauf in Schwung, mobilisieren den Stoffwechsel und sorgen für dafür, dass Glückshormone den Körper überschwemmen.
Kleine Zwischen-Tiefs untertags lassen sich am besten mit Mini-Massagen und viel Flüssigkeit beheben: Wer alle dreißig Minuten ein Glas Wasser trinkt, stabilisiert den Kreislauf und beugt durch Müdigkeit infolge von Flüssigkeitsmangel vor.
Kneippen
Eine der bewährtesten Kneipp-Methoden zum Energie-Tanken ist morgendliches „Tautreten“: Gehen Sie etwa eine Minute lang im nassen Gras barfuß spazieren. Danach warme Socken anziehen und im Raum noch ein wenig auf- und ab gehen, bis die Füße schön warm sind. Mit dieser Anwendung steigern Sie Ihre Immunabwehr, vertreiben Unlustgefühle und werden vor allem putzmunter. Wer keinen Garten hat, kann die Methode auch in einer mit kaltem Wasser (bis zur Wadenhöhe!) gefüllten Badewanne anwenden: In der Wanne im „Storchenschritt“ (ein Bein nach dem anderen hochziehen) eine Minute auf- und ab gehen. Danach: Füße trockenschütteln und mit dicken Socken warmlaufen. Das Kneipp-Verfahren am besten täglich anwenden!
Aber auch mit Mental-Power lässt sich das Frühjahrstief in den Griff bekommen: Stellen Sie sich vor dem Einschlafen möglichst konkret vor, wie Sie am nächsten Morgen energiegeladen, frisch erholt und munter aufwachen. Und in der Früh, noch ehe Sie die Augen öffnen, rufen Sie sich eine Situation in Erinnerung, in der Sie sich gut, stark und leistungsfähig fühlten. Zum Beispiel, als Sie sich letzten Sommer in die Meeresfluten stürzten. Sie werden sehen: Bald hüpfen Sie voller Tatendrang aus den Federn.