"Feminisierung" einer Branche führt zu niedrigeren Löhnen - Rollenbilder entscheidend: Künftige Führungskraft oder"Dazuverdienerin"
Die Schere zwischen den Einkommen von Frauen und Männern klafft in Österreich besonders weit auseinander - trotz der schon lange erhobenen Forderung "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit". In der Privatwirtschaft verdienen Arbeiterinnen nur 68 Prozent des jeweiligen Männereinkommens, weibliche Angestellte gar nur 66 Prozent. Im öffentlichen Bereich fällt der Einkommensunterschied deutlich geringer aus.
Ein Teil der Einkommensschere lässt sich auf die bei Frauen deutlich häufigere Teilzeitarbeit zurückführen. Doch auch beim Vergleich von Vollzeitbeschäftigten verdienen Frauen in Österreich nur 81 Prozent des jeweiligen Männereinkommens. Diese Schere zwischen den Einkommen von Frauen und Männern ist in Österreich mit 19 Prozent überdurchschnittlich groß. In den Industriestaaten (OECD) liegt die Differenz im Schnitt nur bei 16 Prozent. In Norwegen bekommen Frauen lediglich 8,4 Prozent, in Belgien nur 8,9 Prozent weniger Gehalt als Männer.
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Die Lage in Österreich haben drei Gewerkschafterinnen in einem Buch unter dem Titel "Wir verdienen mehr!" zusammengefasst, das gestern, Donnerstagabend zum Frauentag am 8. März in Wien präsentiert wurde. Von der Abschaffung der Frauenlohngruppen in den Kollektivverträgen bis zu den Einkommensberichten in den Unternehmen stellten Barbara Marx, Barbara Lavaud und Eva Scherz von der Gewerkschaft der Privatangestellten - Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) die österreichische Entwicklung dar.
Die Schere bei Bildungsabschlüssen zwischen Frauen und Männern ist seit über zehn Jahren geschlossen, bei Studienverläufen schließen Frauen teilweise besser ab. Als Kehrseite der Fortschritte am Bildungssektor stelle sich nun heraus, dass viele hochqualifizierte Frauen in schlecht entlohnten Branchen bzw. unsicheren Arbeitsverhältnissen landen. Als Beispiele für die "Feminisierung" einer Branche, die mit einem Einkommensverlust einhergehe, wurden Journalismus und Werbung genannt.
Entscheidend seien immer auch die Rollenbilder, die in der Gesellschaft über Frauen bestehen und die auch das Auftreten und die Entscheidungen von Frauen prägen, erläuterte Barbara Marx, Leiterin der Bundesfrauenabteilung in der GPA-djp: Werden Frauen als künftige Führungskräfte wahrgenommen, oder als "Dazuverdiener" zum Mann. Wenn Frauen schon bei der Einstellung nicht mehr Gehalt fordern, sondern "dankbar" für den Job sind, wirke sich der geringere Anfangslohn auch später bei Prämien etc. dämpfend aus. "Wenn sich die Rollenbilder nicht ändern, sind die Bemühungen zum Schließen der Einkommensschere zum Scheitern verurteilt", meint Marx.
Mit einem Appell für die Einführung verpflichtender Frauenquoten in Führungspositionen endete die Diskussion. Ohne Betriebsrätinnen in den Aufsichtsräten wäre die Männerdominanz in den Kontrollgremien der Unternehmen noch größer. In Norwegen habe die verpflichtende Frauenquote ähnliche Diskussionen wie jetzt in der EU ausgelöst - nach dem Motto, es gebe zu wenig qualifizierte Frauen, und zu wenig Frauen die Führungspositionen anstreben. "Aber dann gabs die Quote, und plötzlich waren überall genug Frauen da", erinnerte Lavaud.