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Vor 25 Jahren

Babys vertauscht: Heute startet Prozess

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Kinder wurden kurz nach der Geburt vertauscht. Krankenhaus weist Verantwortung von sich.

Es war ein Schock für Doris Grünwald (25) und ihre vermeintliche Mutter Evelin. Im Alter von 22 Jahren erfuhr sie nach einer Blutspende, dass Evelin Grünwald gar nicht ihre leibliche Mutter ist. Für Mutter Evelin wurde klar: Doris ist nicht mein Kind. Ihr bisheriges gemeinsames Leben: Plötzlich wirkte es wie eine große Lüge.

Anderes Leben. Bis heute fragt sich Doris Grünwald, „was das für ein Leben gewesen wäre, das ich geführt hätte, wenn das nicht passiert wäre“. Noch immer weiß sie nicht, wer ihre leiblichen Eltern sind.

Doch wer ist verantwortlich für die Verwechslung? Und wie viel Entschädigung ist ein Leben in der Lüge wert? Diese Fragen soll ein heute startender Zivilprozess in Graz gegen das Landeskrankenhaus beantworten.

Evelin Grünwald hält Kind nach 20 Stunden im Arm

Fest steht: Am LKH Graz bringt Evelin Grünwald am 31. Oktober 1990 per Kaiserschnitt ein Baby zur Welt. Erst 20 Stunden danach hält sie ihr vermeintliches Kind erstmals in den Armen.

Für Evelin Grünwald ist heute klar: Irgendwann in dieser Zeit muss ihr Baby mit einem anderen vertauscht worden sein. Dafür soll das Krankenhaus nun geradestehen. Es geht um viel Geld: Die Schadenersatzsumme soll rund 200.000 Euro betragen.

Die Fronten sind verhärtet, LKH lehnt Ansprüche ab

Gunther Leodolter, der Anwalt der Familie, sagt zu ÖSTERREICH: „Bisher gab es kein Angebot des Krankenhauses. Das LKH lehnt ein Schuldeingeständnis kategorisch ab.“ Simone Pfandl-Pichler, Sprecherin des LKH Graz, widerspricht: „Wir wollen die Verantwortung nicht abschieben.“ Aber allein der Umstand, dass Doris Grünwald nach ihrer Geburt verwechselt worden ist, „rechtfertigt noch kein Schmerzensgeld“.

Angebot. Die Fronten scheinen verhärtet. Anwalt Leodolter sagt: „Die Familie ist weiter offen für ein Angebot.“ Auch heute kann es noch abgegeben werden. Wird das LKH dem nachgeben? „Wir sollten den heutigen Prozesstag abwarten“, sagte Spitals-Sprecherin Pfandl-Pichler vor dem Gerichtstermin zu ÖSTERREICH. (baa)

Vertauschte Tochter im TV-Interview: »Mein Wunsch ist, dass Wahrheit herauskommt«

Doris Grünwald und ihre „falsche“ Mutter Evelin über die fatale Verwechslung.

  • Schock: Tochter Doris Grünwald (25) über den ersten Schock: „Jetzt hast du 22 Jahre in dieser Familie gelebt und denkst dir, das ist dein Leben, dabei ist das gar nicht dein Leben.“
  •  Angst: Mutter Evelin Grünwald (50) erzählt von ihren Ängsten, dass ihre vermeintliche Tochter sie nun abweisen könnte: „Es war (damals) ein Schock, mein zweiter Gedanke war, man kann sie mir nicht wegnehmen.“ Der Grund: Die Tochter ist volljährig, keine Behörde kann sie zwingen, zur anderen Mutter zu gehen.
  • Echte Mutter: Doris hat sich entschieden, sie will ihre echte Mutter kennenlernen: „Ich will wissen, wo ich herkomme und was das für ein Leben gewesen wäre, das ich geführt hätte, wenn das nicht passiert wäre.“

n Verantwortung: Jetzt geht es um die Frage, ob das Krankenhaus für den fatalen Fehler verantwortlich ist und was damals passiert ist. Doris: „Mein einziger Wunsch ist, dass es herauskommt, alles andere kann ich nur auf mich zukommen lassen.“

Hinweis: Das LKH bietet weiter gratis einen DNA-Test für Frauen an, die dort zwischen 15. Oktober und 20. November 1990 ein Kind geboren haben oder zur Welt gekommen sind. Die Hotline ist unter 0315 385 345 67 zu erreichen.

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