445.000 Schüler drücken wieder Schulbank. Zwei Bestseller-Bücher sollen sie unterstützen.
Zum Start ins neue Schuljahr legen die Bestseller-Autoren Thomas Brezina und Andreas Salcher Bücher vor, die Eltern und Kindern Orientierung im Weg durch den Lern-Dschungel geben sollen. Tenor bei beiden: Drill hat ausgedient, Kinder sollen fürs Lernen begeistert werden, „und nicht von oben herab belehrt und bewertet werden“, sagt Brezina im ÖSTERREICH-Interview zum Buch Blödsinn gibt’s nicht.
Salcher sieht das jetzige Schulsystem als völlig veraltet, „das Talente selten erkennt und noch seltener fördert“. So seine These im Buch Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde, das komplett überarbeitet jetzt neu erscheint.
Ihre Veröffentlichungen kommen genau richtig. In den drei östlichen Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland müssen jetzt 445.000 SchülerInnen wieder oder zum ersten Mal die Schulbank drücken. Allein in Wien mit seinen 240.000 Schülern geht es jetzt für 17.000 „Taferlklassler“ los. In Niederösterreich werden 200.000 Schüler in den Klassen erwartet, im Burgenland 35.000.
Dabei gibt es einige Neuerungen, viele sind umstritten: So feiern die Schulnoten ein Comeback. Schon ab der zweiten Klasse werden sie wieder vergeben.
Wer Kopftuch trägt, erhält eine Strafe von 440 Euro
Auch das „Sitzenbleiben“ ist schon ab der zweiten Klasse möglich. Die ehemalige Regierung aus ÖVP und FPÖ hatte die Änderung beschlossen und damit vorherige Reformen rückgängig gemacht. Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte diese als „gescheiterte Irrwege“ bezeichnet.
Ebenfalls von der Bundesregierung beschlossen wurde das Kopftuchverbot für Schülerinnen. Das Tragen eines Kopftuches ist künftig untersagt und wird mit 440 Euro Strafe belegt. Ab der Neuen Mittelschule werden zwei Leistungsniveaus eingeführt: Standard und Standard-AHS. Schüler sollen so gezielt entsprechend ihres Leistungsniveaus gefördert werden.
Auf die Eltern kommen Belastungen zu: Schulmaterialien wie Hefte, Bleistifte, Füllfederhalter, Dreiecke und Zirkel gehen ins Geld. In Wien hat die Stadt daher einen „Warenkorb“ zusammengestellt. Er hat einen Wert von 4 Millionen. Schulen können benötigte Materialien anfordern. Lehrerende und Elternvertreter aber auch nach eigenen Wünschen anschaffen. Eltern werden so um bis zu 70 Euro entlastet.
Brezina: "Kinder nicht belehren, aber begeistern"
Thomas Brezina hat 500 Kinderbücher geschrieben (z. B. Knickerbocker-Bande) und ist Produzent von Kindersendungen wie Forscherexpress. In seinem neuen Buch zeigt der 56-jährige Wiener auf, wie man Kindern spielerisch Wissen vermitteln kann.
ÖSTERREICH: Wie vermittelt man Kindern Wissen spielerisch?
Thomas Brezina: Es geht darum, Anknüpfungspunkte an das Leben des Kindes zu finden. Es geht darum, zu begeistern und nicht von oben herab zu belehren und zu bewerten. Kinder haben einen anderen Zugang zu Wissen als Erwachsene.
ÖSTERREICH: Haben Sie ein Beispiel parat?
Brezina: Eine der häufigsten Fragen bei Kinderführungen im Stephansdom ist zum Beispiel, wie viel er wiegt und nicht wann oder von wem er errichtet wurde. Wenn man das weiß, kann man Kinder für verschiedenste Themen begeistern.
ÖSTERREICH: Werden Kinder in unserem Schulsystem zu wenig begeistert?
Brezina: Ich glaube, es gibt sehr viele Pädagogen, Lehrer oder auch Wissensvermittler in Museen, die diese Richtung genauso sehen. Ein Anspruch dieses Buches ist, Menschen darauf Lust zu machen, Kinder zu begeistern.
ÖSTERREICH: Was sind die großen Schwachstellen in unseren Schulen?
Brezina: Zum einen muss die Schüleranzahl in den Klassen verkleinert werden. Ich glaube auch, dass der Lehrstoff zu umfangreich ist. Es muss auch vielmehr auf die Individualität der Kinder eingegangen werden.
ÖSTERREICH: Sind Sie für das Modell der Gesamtschule?
Brezina: Ich bin da kein Experte. Ich weiß nur, dass in einer Klasse von 6-Jährigen manche auf dem Stand von 4- und manche auf jenem von 8-Jährigen sind. Manche sind schüchtern, manche nicht, die einen lernen haptisch, die anderen eher visuell.
ÖSTERREICH: Eine Abschlussfrage: Wie viel wiegt denn nun der Stephansdom?
Brezina: 35.000 Tonnen. So viel wie 10.000 Elefanten.
Andreas Salcher: "Ungemein niedriger Anspruch an Schulen"
Andreas Salcher schreibt in seinem neuem Buch Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde, wie Talente an Schulen untergehen. Seine Thesen:
➜ Feinde. „Die Feinde des talentierten Schülers sind all jene, die sich mit dem ungemein niedrigen Anspruch an unseren Schulen zufriedengeben und jede Reform blockieren. Sie zerstören die Talente unserer Kinder und werfen viele von ihnen chancenlos ins Leben.“
➜ Veraltet. „Jedes Kind ist talentiert! Wir leisten uns allerdings ein völlig veraltetes Schulsystem, das Talente selten erkennt und noch seltener fördert.“
➜ Ziel. Salcher erklärt in seinem neu aufgelegten und komplett überarbeiteten Buch, wie wir „Schulen zu Orten machen könnten, wo unsere Kinder jeden Tag mit Freude lernen“.