Wien

Drei Jahre Haft für Wiener Rotlicht-König

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Richard St. muss nach seiner U-Haft allerdings nichts mehr absitzen.

Mit einer unbedingten dreijährigen Freiheitsstrafe ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen den mutmaßlichen Wiener Rotlicht-Boss Richard St. zu Ende gegangen. Der 42-jährige Geschäftsmann wirkte bei der Urteilsbegründung durchaus gefasst: Einerseits muss er - sollte das Urteil in Rechtskraft erwachsen - nicht zurück ins Gefängnis. Vor allem aber wurde er in wesentlichen Anklagepunkten freigesprochen.

Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella hatte St. in ihrer Anklageschrift die Bildung einer kriminellen Vereinigung angekreidet, die auf die Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen ausgerichtet war. Schutzgeld-Erpressungen in sieben Fällen und damit verbundene und von St. in Auftrag gegebene Körperverletzungen und Sachbeschädigungen hatte sie dem 42-Jährigen zugerechnet.

Richter: Indizien für kriminelle Vereinigung "zu dünn"
Der Schöffensenat befand den Geschäftsmann der Leitung einer kriminellen Vereinigung zwar für schuldig, doch waren für das Gericht die inkriminierten Schutzgeld-Erpressungen in keinem einzigen Fall nachweisbar. Der vorsitzende Richter Stefan Erdei bezeichnete die Indizien, dass der vom mutmaßlichen Wiener Rotlicht-Boss geleitete "Nokia Club" einen kriminellen Hintergrund hatte und andere Lokalbetreiber diesem zwangsweise beizutreten und teilweise über Jahre hinweg monatliche Zahlungen abzuliefern hatten, als "zu dünn". Erdei nannte die Vereinigung einen "Security-Dienst", der nach Ansicht des Gerichts nicht notwendigerweise auf der Androhung von Gewalt funktionierte.

Krida und Sachbeschädigung

Die kriminelle Vereinigung war laut Urteil vielmehr auf eine betrügerische Krida ausgerichtet. Richard St. soll demnach seine Gläubiger - vor allem die Finanz und die Gebietskrankenkasse - seiner Gesellschaften bewusst geschädigt haben, indem er Vermögensbestandteile verheimlichte, beiseiteschaffte, hinter Strohmännern verbarg und Privatentnahmen tätigte. Den dabei angerichteten Schaden bezifferte das Gericht mit rund einer Mio. Euro, während die Anklage von mindestens 1,7 Mio. ausgegangen war.

Zusätzlich wurde der 42-Jährige wegen Beteiligung an zwei Sachbeschädigungen schuldig erkannt. Dabei ging es um zwei Buttersäure-Anschläge auf mit ihm in Konkurrenz stehenden Nachtlokale "Lili Marleen" in Tulln und "Paradiso" in Wien, wobei St. den ersten im Juli 2009 in Auftrag gegeben und jenen in der Bundeshauptstadt im Dezember 2010 gut geheißen haben soll.

Haft erlassen

Die dafür verhängte dreijährige unbedingte Haft erschien dem Gericht "ausreichend und notwendig", wie der Richter in der Urteilsbegründung sagte. Mildernd waren bei einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren die lange Verfahrensdauer und die lange zurückliegenden Tatzeiträume. Absitzen muss St. die Strafe allerdings nicht, da er exakt zwei Jahre und damit das gesetzlich zulässige Höchstmaß bereits in U-Haft verbracht hat. Diese Zeit war ihm auf das Strafausmaß anzurechnen. Das "Nachsitzen" des dritten Jahres ersparte ihm der Senat, indem St. zugleich mit dem Ausspruch des Urteils aus dem offenen Strafrest bedingt entlassen wurde. Der Berufsrichter und die beiden Schöffen gingen davon aus, dass der 42-Jährige bei Verbüßen der Gesamtstrafe in einer Justizanstalt jedenfalls nach zwei Drittel der Strafe vorzeitig bedingt entlassen worden wäre.

Schuldsprüche für "langen Peter" und "Rocky"

Schuldsprüche und teilbedingte Haftstrafen setzte es für vier von insgesamt fünf Mitangeklagte. Peter A. fasste wegen Teilnahme an einer kriminellen Vereinigung, schwerer Körperverletzung, absichtlicher schwerer Körperverletzung, Beteiligung an den beiden Buttersäure-Anschlägen und der betrügerischen Krida zwei Jahre Haft, davon acht Monate unbedingt aus. Der in der Rotlicht-Szene unter der Bezeichnung "Langer Peter" bekannte 46-Jährige hatte am 7. Oktober 2008 einem Mann mittels Faustschlägen den Kiefer und am 13. März 2010 einem weiteren Mann das Nasenbein gebrochen, indem er diesen mit dem Kopf gezielt aufs Straßenpflaster warf.

Die vormalige, ebenfalls eng mit Richard St. verbundene Szene-Größe Dusko R. alias "Rocky" - der 57-Jährige hat sich inzwischen zur Ruhe gesetzt und verbringt seine Nächte als Taxifahrer - kam mit sieben Monaten, davon zwei unbedingt davon. Er wurde lediglich wegen Mitwirkung an einer von Peter A. begangenen Körperverletzung sowie an einer Sachbeschädigung, nicht aber wegen Beteiligung an der kriminellen Vereinigung schuldig erkannt. Zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt bekam ein weiterer guter Bekannter von Richard St., der sehr wohl Teil der mafiösen Verbindung gewesen sein soll.

Gänzlich freigesprochen wurde demgegenüber Andreas B., der immerhin 19 Monate in U-Haft abgesessen hatte. Ihm hatte die Staatsanwaltschaft vor allem angelastet, eine Nachtclub-Betreiberin in Aurolzmünster (Bezirk Ried im Innkreis) nächtens überfallen und mit einem Baseball-Schläger halb tot geschlagen zu haben. Nach Ansicht des Gerichts war ihm jedoch die Täterschaft nicht nachzuweisen.
 

 

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