Ein Konzert der Münchner Philharmoniker im Großen Musikvereinssaal ist am Samstagabend von lautstarken Protesten unterbrochen worden. Ziel der Aktion war der israelische Dirigent Lahav Shani.
Wie der "Standard" berichtet, begannen wenige Minuten nach Konzertbeginn mehrere Aktivisten auf den Stehplätzen Parolen zu rufen und entrollten eine Palästina-Fahne. Sicherheitspersonal musste eingreifen, während das Orchester das Spiel unterbrach.
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Die Situation eskalierte, als ein weiterer Besucher, laut Augenzeugen ein Mann mittleren Alters, direkt Richtung Bühne marschierte und „Freiheit für Gaza!“ brüllte. Aus dem Publikum kam daraufhin eine wütende Reaktion: „Geh scheiß’n!“, rief ein Konzertbesucher.
Dirigent setzte mit Programm fort
Shani, er wird 2026 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, verhielt sich während der Tumulte ruhig. Er wartete das Ende des Protests ab und setzte das Programm mit dem Orchester fort. Gespielt wurden unter anderem Beethovens Violinkonzert und Rachmaninows „Symphonische Tänze“.
Am Ende erklang Edward Elgars „Nimrod“ aus den Enigma-Variationen – die Aufführung wurde vom Publikum mit starkem Applaus bedacht.
Es war nicht der erste Vorfall dieser Art. Erst vergangene Woche hatte das Flandern-Festival in Gent Shani ausgeladen – mit der Begründung, er habe sich nicht deutlich genug von der Politik der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu distanziert.
Die Entscheidung führte zu heftiger Kritik. Belgiens Premier Bart De Wever etwa bezeichnete das Vorgehen als „unverantwortlich“. Stephan Pauly, Intendant des Wiener Musikvereins, stellte sich am Samstag vor Shani: „Das Verhalten des belgischen Festivals ist in keiner Weise nachvollziehbar.“ Shani werde in der laufenden Saison weiterhin regelmäßig im Musikverein auftreten – unter anderem mit den Rotterdamer Philharmonikern und in einem Duo-Abend mit Martha Argerich.
Politik reagiert
Österreichs Kulturstaatssekretär Alexander Pröll verurteilte den Vorfall in Wien scharf: „Antisemitismus hat in Europa keinen Platz – nicht offen, nicht versteckt. Kunst lebt vom Dialog, von Offenheit und Vielfalt. Es muss grundsätzlich gelten, dass kein Musiker für die Politik seines Heimatlandes verantwortlich gemacht wird.“ Wer Künstlerinnen und Künstler unter „Gesinnungsdruck“ setze, gefährde die Freiheit der Kunst, so Pröll.