Toni Faber, Dompfarrer in Wien, über die Hintergründe und Geheimnisse des Heiligen Abends.
ÖSTERREICH: Lieber Toni Faber, als Gottes prominentester Diener in Wien, was bedeutet Weihnachten wirklich?
Toni Faber: Dass Gott nicht ein ferner Gott ist, sondern, dass Gott seinen Plan verwirklicht hat, einer von uns zu werden. Und zwar nicht als Popstar und nicht, indem er Völker regiert, sondern als kleines wehrloses Kind in der Krippe. In jedem Menschen steckt ein Kind Gottes und daher bin ich aufgerufen zu Weihnachten, dieses Leben zu achten vom Anfang bis zum Schluss.
ÖSTERREICH: Sehr schöne Analyse – das heißt also, der liebe Gott ist einer von uns?
Faber: Gott ist Mensch geworden, damit wir das Göttliche in uns auch weiter entfalten können. Man sagt es ja oft salopp: „Mach es wie Gott, werde Mensch“. So könnte man auch Weihnachten beschreiben. Das heißt, wir sind aufgerufen, unsere Menschlichkeit, unsere Nächstenliebe besser zu üben.
ÖSTERREICH: Wir leben in einer sehr politischen Zeit, wo Nächstenliebe ein brisantes Thema ist. Bedeutet Nächstenliebe eher „geh auf deine Nächsten zu“ oder „geh auf Flüchtlinge, auf die Armen in Afrika zu“?
Faber: „Du sollst das eine tun und das andere nicht lassen“, wie Jesus auch gesagt hat. Man beginnt natürlich mit der Nächstenliebe in der Familie, bei Freunden, aber natürlich sollte man die anderen nicht vergessen, die nicht das Glück haben, in einem Land wie unserem aufzuwachsen. Ich kann nicht alle Not lösen, aber wer nicht beginnt, der hat alles falsch gemacht.
ÖSTERREICH: Weihnachten ist also auch ein Fest, wo man sich ein bisschen mit der Situation der Flüchtlinge beschäftigt?
Faber: Genau, weil Jesus mit Josef und Maria eine Flüchtlingsfamilie war.
ÖSTERREICH: Reden wir über die Symbole, was bedeutet der Weihnachtsbaum?
Faber: So treu, so grün und so lebensstark wie ein Tannenbaum wollen wir in diese Weihnachtszeit hineingehen. Dafür steht der geschmückte Christbaum.
ÖSTERREICH: Und wer, außer dem Handel, hat die Geschenke erfunden?
Faber: Das ist eigentlich eine Praxis aus dem 19. Jahrhundert. Früher war es so, dass man sich zum Nikolo beschenkt hat.
ÖSTERREICH: Warum feiern wir die Christmette zu Mitternacht? Welche Bedeutung hat das?
Faber: Es soll bewusst den Rhythmus von Tag und Nacht durchbrechen. Weil ja das Außergewöhnliche passiert ist. In der Kälte, in der Dunkelheit der Nacht strahlt uns ein Licht.
ÖSTERREICH: Was wird die Botschaft Ihrer Predigt sein?
Faber: Eine Friedensbotschaft. Wir wollen uns darauf einstellen, dass Gott uns zusammenführen will.