Schwere Anschuldigungen

Horror-Heim: Gab es auch Tote?

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Anwalt der mutmaßlichen Opfer sprach von Todesfällen in Wiener Heim.

Schwerwiegende Anschuldigungen im Fall um die angeblichen sexuellen Misshandlungen im ehemaligen Wiener Heim im Schloss Wilhelminenberg: Rechtsanwalt Johannes Öhlböck, der zwei mutmaßliche Opfer von systematischen Vergewaltigungen vertritt, hat am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien bekanntgegeben, dass es in dem bereits 1977 aufgelassenen Erziehungsheim in Ottakring auch zu Todesfällen gekommen sein soll.



Laut Öhlböck soll eine Frau, die von 1948 bis 1953 im Schloss Wilhelminenberg untergebracht war, die Schilderungen seiner beiden Mandantinnen "voll bestätigt" und darüber hinaus von Todesfällen berichtet haben. In einem Fall soll die mittlerweile über 70 Jahre alte Frau unmittelbare Zeugin eines Vorfalls gewesen sein und sowohl den Namen des Opfers als auch den Namen des Täters bekanntgegeben haben, präzisierte Öhlböck auf Nachfrage. Der Tod des betreffenden Kindes sei "unmittelbare Folge einer Misshandlung" gewesen.

Verfahren wurde 2010 eingestellt

Die Stadt Wien hat am Dienstag auf Anfrage der APA mitgeteilt, dass eine Anzeige zu einem möglichen Todesfall im ehemaligen Kinderheim am Wilhelminenberg vorliegt. Das Verfahren sei jedoch von der Staatsanwaltschaft bereits 2010 eingestellt worden, hieß es. Laut Rathaus hat sich im Vorjahr eine Frau an die Stadt gewandt, die davon berichtete, dass in den 1950er Jahren ein Kind zu Tode gekommen ist.

Man habe den Bericht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, wo das Verfahren Anfang September 2010 eingestellt worden sei, hieß es im Büro des zuständigen Stadtrats Christian Oxonitsch (SPÖ). Ob es sich bei dem Fall um jenen handelt, den der Anwalt zweier ehemaliger Missbrauchs-Opfer am Dienstag erwähnt hat, ist offen, da der Jurist mit Verweis auf die laufenden Untersuchungen keine näheren Details nannte.

Vor wenigen Tagen waren zwei Schwestern mit Berichten über Serienvergewaltigungen und Kinderprostitution in dem Erziehungsheim in den 1970er Jahren an Öffentlichkeit gegangen. Während die eine Frau von der Gemeinde Wien mit 35.000 Euro entschädigt worden ist, ging ihre Schwester bisher leer aus, berichtete ihr Anwalt Öhlböck. Auf ein Aufforderungsschreiben hin, Wiedergutmachung zu leisten, habe er bisher "keine Reaktion" erhalten.

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13.06 Uhr: Die Wiener Operanwältin Eva Plaz spricht von Rechtsunsicherheiten bei der Amts- oder Vertragshaftung. Es sei nicht klar, wann die 30-jährige Verjährungsfrist zu laufen beginne. Zivilverfahren auf Schadenersatz seien "ohne strafrechtliche Verurteilung wegen des enormen Prozesskostenrisikos de facto kaum führbar."

12.26 Uhr: Die Wiener ÖVP fordert unterdessen die "Einbindung aller Parteien in die lückenlose Aufklärung" des Falles. Außerdem müssten nun rasch konkrete Reformschritte gesetzt werden, so Klubobmann Fritz Aichinger in einer Aussendung.

11.57 Uhr: Eine der beiden Schwestern, die der Anwalt vertritt, habe schon eine Entschädigungszahlung bekommen: 35.000 Euro. Die zweite Schwester sei allerdings bisher nicht entschädigt worden, sagte Öhlböck. Auf ein Aufforderungsschreiben hin, Wiedergutmachung zu leisten, habe er bisher "keine Reaktion" erhalten.

11.33 Uhr: Anwalt Öhlböck forderte eine "schonungslose Aufklärung der Sache". Er zeigte sich überzeugt, dass in den Wiener Erziehungsheimen im Lauf der Jahrzehnte hunderte, wenn nicht tausende Zöglinge misshandelt und missbraucht wurden: "Ich gehe von einer vierstelligen Dunkelziffer aus."

11.30 Uhr: Die Frau, von der die neuen Vorwürfe stammen, sei auch selbst Opfer von Gewalt geworden und von der Gemeinde Wien mit 35.000 Euro entschädigt worden.

10.58 Uhr: Auch einen weiteren Fall soll die Zeugin dem Anwalt geschildert haben. Es habe eine "Gruppe von Todesfällen" gegeben. Dies soll sie jedoch nicht mit eigenen Augen gesehen haben, so Anwalt Öhlböck.

10.46 Uhr: Die mittlerweile über 70 Jahre alte Frau soll in einem Fall Zeugin eines Vorfalls gewesen sein und Namen des Täters und des Opfers genannt haben. Der Tod des betreffenden Kindes sei "unmittelbare Folge einer Misshandlung" gewesen.

10.28 Uhr: "Das Opfer hat das sehr authentisch geschildert", sagte der Anwalt. "Details kann ich dazu heute nicht preisgeben, weil sie noch Gegenstand von Untersuchungen sind."

10.23 Uhr: Eine Frau, die von 1948 bis 1953 im Schloss Wilhelminenberg unterbracht war, habe die Schilderungen seiner Mandantinnen bestätigt, so Öhlböck. Darüber hinaus seien "Kinder zu Tode gekommen."

10.19 Uhr: Opfer-Anwalt Öhlböck berichtet auch von Todesfällen.

10.06 Uhr: Für den Anwalt der beiden mutmaßlichen Opfer, Johannes Öhlböck, sind die Taten nicht verjährt. Bei Kindesmissbrauch gilt derzeit folgende Regelung: Bei vergewaltigten minderjährigen Opfern ist eine Verjährung bis zur Vollendung ihres 28. Lebensjahres zunächst kein Thema. Bei Erreichen dieser Altersgrenze haben sie dann zehn Jahre, in besonders gravierenden Fällen sogar 20 Jahre Zeit, um gegen den Täter mittels einer Anzeige strafrechtlich vorzugehen und diesen vor Gericht zu bringen.

09.58 Uhr: 20-30 Journalisten haben sich im Medienzentrum des Parlament versammelt. Derzeit werden Interviews für TV-Stationen gemacht.

09.37 Uhr: Die von beiden mutmaßlichen Opfern kritisierte Schwester Linda wies die Vorwürfe zurück. Sie seien "erfunden und erlogen".

09.23 Uhr: 26 Fälle aus dem ehemaligen Kinderheim am Wilhelminenberg sind dem "Weißen Ring" bisher bekannt. Die Bandbreite der Erzählungen der anderen Opfer reicht von sexuellen Übergriffen bis hin zu anderen Formen psychischer und physischer Gewalt.

09.19 Uhr: Aufgrund der neuen Missbrauchsvorwürfe haben sich weitere Betroffene beim "Weißen Ring" gemeldet - insgesamt 400 Personen. Dabei ging es nicht nur um Vorkommnisse im Schloss Wilhelminenberg, sondern auch in anderen Einrichtungen.

09.08 Uhr: Der ehemalige Sozialpädagoge Hans Feigelfeld hat seinerzeit in einem Seitenflügel des Gebäudes gearbeitet. Mit dem Heimbetrieb habe er nichts zu tun gehabt. Zu den Vorwürfen meinte Feigelfeld: "In dieser Dimension ist es für mich nicht vorstellbar." 20 Kinder über so lange Zeit zu vergewaltigen, ohne dass es von der Umwelt bemerkt wird, sei für ihn unvorstellbar.

08.47 Uhr: Zwei ehemalige Erzieherinnen des Heimes haben gestern gemeint, dass sie keine sexuellen Übergriffe mitbekommen hätten. "Die Häuser wurden autoritär geführt. Gewalt hat es gegeben." Aber die Vorwürfe der beiden Frauen seien kaum nachvollziehbar. "Was die beiden erzählen ist auch akustisch nicht möglich. Man hätte Schreie durch Vergewaltigungen auch gehört."

08.43 Uhr: Der Anwalt der beiden ehemaligen Zöglinge, Johannes Öhlböck, kritisierte, dass die Stadt Wien bereits im Juli infromiert gewesen sei, aber keine weiteren Schritte gesetzt hatte. Der zuständige Stadtrat Christian Oxonitsch (S) wies den Vorwurf der Untätigkeit zurück: Man habe die Opferschutzorganisation "Weißer Ring" informiert und eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht, so Oxonitsch.

08.40 Uhr: Der Leiter der Wiener Jugendamts (MA 11), Johannes Köhler, zeigte sich bestürzt über die Vorwürfe: "Wenn dieses System gewesen wäre, dann müssten alle mitgespielt haben." Er betonte: "Das wäre wie eine kriminelle Organisation". Die beiden ehemaligen Zöglinge hatten von Serienvergewaltigungen, bei denen sogar Geld geflossen sein könnte, berichtet.

08.30 Uhr: Die nun bekanntgewordenen Missbrauchsvorwürfe dürften mit Sicherheit verjährt sein. Da die Anstalt bereits 1977 aufgelassen wurde, greift das Strafgesetzbuch in diesen Fällen von sexueller Gewalt wohl nicht mehr.

08.24 Uhr: Laut dem Verein "Weißer Ring" gibt es unter den bereits bearbeiteten Fällen, die das Heim im Schloss Wilhelminenberg betreffen, vorerst nichts mehr, was sich mit den nun publik gewordenen Anschuldigungen vergleichen lässt. Bisher sind in jenem Wiener Gremium, das Vorfälle in Wiener Kinderheimen aufarbeitet, 173 Fälle besprochen worden. In 26 davon sei es um Erlebnisse im Heim im Schloss Wilhelminenberg gegangen. Die Bandbreite der Erzählungen der anderen Opfer reichte demnach von sexuellen Übergriffen bis hin zu anderen Formen psychischer und physischer Gewalt.

08.05 Uhr: Nach langem Schweigen wagten die Schwestern jetzt den Schritt in die Öffentlichkeit. Johannes Öhlböck, Anwalt der Opfer, sagte zu ÖSTERREICH: „Die Fälle sind lange bekannt, wurden aber nie aufgerollt."

08.03 Uhr: Willkommen zum LIVE-Ticker. Ab 9 Uhr wird im Parlament zu den Vorwürfen gegen das ehemalige Kinderheim informiert.

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