Vor Schulferien

Jeder Fünfte bekommt einen Fünfer

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Hochspannung für viele Schüler vor der Notenvergabe zu den Semesterferien. „Nicht genügend“ heißt für rund 70.000 Schüler der Oberstufe das ernüchternde Zeugnis.

Jetzt beginnt wieder das Zittern. In vier Bundesländern (Wien, Niederösterreich, Burgenland, Vorarlberg) werden heute die Semesterzeugnisse vergeben, die übrigen fünf Länder ziehen nächsten Freitag nach – und Zehntausende Schüler werden die Ferien wohl zum Lernen nützen: Sie haben mindestens einen Fünfer in der „Schulnachricht“ stehen.

Besonders in den AHS und BHS fliegen wieder die „Fetzen“. Alleine in Wien wird ein Fünftel der Schüler ein oder mehrere „Nicht genügend“ nach Hause bringen – in absoluten Zahlen sind das etwa 20.000. Von den bundesweit knapp 340.000 Schülern in Allgemeinbildenden höheren (AHS) und berufsbildenden höheren Schulen (BHS) haben somit hochgerechnet etwa 70.000 Schüler einen Fünfer.

Problem-Burschen
Wie ÖSTERREICH berichtete, haben Burschen dabei größere Probleme mit schlechten Noten. „Etwas mehr als die Hälfte jener Schüler, die jetzt einen Fünfer kassieren, sind Burschen“, bilanziert Matias Meißner vom Wiener Stadtschulrat.

„Fragwürdig“
Aus dem Bildungsministerium heißt es angesichts dieser Zahlen: „Wir halten Sitzenbleiben grundsätzlich für fragwürdig. Sowohl volkswirtschaftlich, weil viele Schüler wegen Schwächen in einem Bereich ein ganzes Jahr wiederholen müssen, als auch psychologisch, weil Schüler dadurch aus ihrer Klasse gerissen werden.“ Deshalb soll es in der von der SPÖ angestrebten Neuen Mittelschule ein Sitzenbleiben und Fünfer in jetziger Form nicht mehr geben (siehe Kasten unten).

Mr. PISA gegen Fünfer
Auch der „Erfinder“ der viel zitierten PISA-Studien, Andreas Schleicher, sprach sich vor wenigen Wochen gegen das „System Sitzenbleiben“ aus: Ein Aussortieren von Schülern durch eine frühe Trennung in verschiedene Bildungswege oder durch Sitzenbleiben fördert nach Ansicht der OECD die Leistung nicht. Im Gegenteil: Sie verstärkt die Chancenungerechtigkeit. „Das bedeutet meist soziale Selektion“, sagte Schleicher, Leiter der Abteilung „Indikatoren und Analysen“ bei der OECD.

Polit-Streit
Ein völliges Abschaffen des Sitzenbleibens ist derzeit aber eher unwahrscheinlich: Zwar sprechen sich einige wenige in der ÖVP gegen das Sitzenbleiben aus – Parteimeinung ist das jedoch nicht. Selbst die Grünen sprachen sich im vergangenen Herbst nicht für ein generelles Abschaffen, sondern nur für ein Einschränken aus. Sitzenbleiben solle im Schulalltag allerdings eine „Ausnahme“ bleiben. Das BZÖ will wiederum die Lehrer in den letzten Ferienwochen dazu verpflichten, den lernschwachen Schülern gratis Nachhilfeunterricht zu erteilen. Die FPÖ spricht sich klar für ein Sitzenbleiben aus.

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