Zwischen fünf und zehn Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Österreich sind körperlicher Gewalt ausgesetzt.
"Wenn alte Menschen abhängig werden, ist die Gefährdung besonders groß", sagte er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in der Bundeshauptstadt. Häufig seien Angehörige schlicht überfordert oder würden alte Menschen aus Unkenntnis vernachlässigen.
Risikogruppe Alkoholfamilien
Auch "Problemfamilien",
in denen Alkohol konsumiert wird, gehören zu der Risikogruppe, sagte der
Professor. Zudem könne die Situation in Pflegebeziehungen kippen, die schon
zuvor belastet waren: Frauen, die unter ihrer Schwiegermutter gelitten
hatten, würden sich beispielsweise "revanchieren". Die
Dunkelziffer dürfte hoch sein: "Auf eine entdeckte Tat entfallen
fünf, die im Dunkel bleiben", sagte Hörl.
Laut einer französischen Erhebung sollen 20 Prozent aller alten Menschen, die in Familien gepflegt werden, Opfer von Misshandlungen sein. In US-Studien ist sogar von bis zu 50 Prozent und mehr Pflegebedürftigen die Rede, die Gewalt in einem weiteren Verständnis ausgesetzt sind - also vernachlässigt oder isoliert werden, so der Soziologe. Die Täter in den Familien sind laut englischen Studien meist weiblich, mittleren Alters und fühlen sich für den alten Menschen verantwortlich. Auch die Opfer sind dieser Erhebung zufolge überwiegend Frauen, oft über 80 Jahre alt.
Psychische Gewalt wird verharmlost
Eine aktuelle Befragung von
älteren Frauen in Kärnten, der Steiermark und Salzburg zeigt, dass vor allem
psychische Gewalt oft verharmlost wird, sagte die Autorin der Studie,
Katharina Ebner. Viele Betroffene sehen sich gar nicht als Opfer, erklärte
sie. Dass "Gewalt mehr ist, als geschlagen zu werden", müsse ins
öffentliche Bewusstsein rücken.
Gerade subtile Formen der Misshandlung erleben alte Menschen als "extrem dramatisch", so Hörl. Schon böse Worte würden sehr ernst genommen. Erlebnisse von Rot-Kreuz-Mitarbeitern zeigen, dass pflegende Angehörige etwa ein Wasserglas knapp außer Reichweite platzieren, oder Ältere "bestrafen", indem diese ihre Enkel nicht sehen dürfen, erzählte Monika Wild, Leiterin der Gesundheits- und Soziale Dienste des Österreichischen Roten Kreuzes.
Angehörige oft überfordert
Die Täter sind jedoch "gleichzeitig
Opfer ihrer Überforderungssituation", meinte der Soziologe. "Pflegende
Angehörige fühlen sich oft in der Falle. Wir wollen sie in keiner Weise
kriminalisieren", so Wild. Bedürftige seien zudem häufig
Mitverursacher, weil sie ihre Helfer "mit Haut und Haar"
beanspruchen und Angehörige dadurch großem psychischen Druck ausgesetzt
sind.