Kritik vom WWF

Kärntner Wolf seit Bescheid zur Vergrämung verschwunden

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Ein WWF-Wolfexperte kritisierte das Wolfmanagement der Kärntner Landesregierung.

Wolfsexperte Christian Pichler von der Naturschutzorganisation WWF hat am Montag die Kärntner Landesregierung zur Verbesserung ihres Wolfsmanagements aufgefordert. Die geplante Vergrämung eines Wolfs im Gailtal ohne vorherige Besenderung und Einbindung von dafür ausgebildeten Personen widerspreche dem österreichischem Managementplan und der international gängigen Praxis.
 
Die von Landesrat Martin Gruber (ÖVP) veranlasste Vergrämung durch Jäger des zuvor mehrfach gesichteten Tiers ist aus Sicht des WWF "nicht erfolgversprechend und tierschutzrechtlich fragwürdig". Man müsse Experten hinzuziehen. "Um eine Verhaltensänderung zu erzielen, muss ein Wolf innerhalb weniger Wochen mehrmals gezielt aufgesucht und konsequent vergrämt werden. Ohne Besenderung ist dies nicht möglich."
 
Auch andere Empfehlungen des breit abgestimmten Managementplans würden derzeit ignoriert, hieß es in der Aussendung. "So bräuchte es mehr sachliche Information und Aufklärung über die Rückkehr des Wolfs, über sein Verhalten und über Möglichkeiten zur Schadensprävention, sowie finanzielle Mittel für Herdenschutzmaßnahmen." Pichler forderte stärkere Unterstützung für Landwirte und Weidetierhalter. Herdenschutz sei unerlässlich, weil sich der Wolf früher oder später in Kärnten ansiedeln werde.
 
Schutzmaßnahmen für das Vieh müsse den Gegebenheiten vor Ort angepasst werden. "Für Almen und Gemeinschaftsweiden ist seit Jahresbeginn vorbeugender Herdenschutz inklusive Zäunen, Hunden, Zusatzaufwand und Erhaltungsmaßnahmen zu 100 Prozent förderfähig. Dies wird auch von der EU-Kommission ausdrücklich unterstützt." Das Bundesland Salzburg gehe hier mit gutem Beispiel voran, so Pichler.
 
Seit das Land Kärnten die Bescheide, wonach der Wolf im Gailtal vergrämt und besendert werden soll, erlassen hat, ist das Tier nicht mehr gesichtet worden. Allerdings sorgt der Bescheid zur Vergrämung für Irritation bei der Naturschutzorganisation. Der WWF zieht in Zweifel, dass die Voraussetzungen für die Vergrämung vorlagen.
 

Kärntner Wolf seit Bescheid zur Vergrämung verschwunden

ÖVP-Landesrat Martin Gruber bezog sich in dem Bescheid auf den österreichischen Wolfsmanagementplan. Um die Vergrämung - das Beschießen mit nicht tödlichen Gummigeschoßen - verordnen zu können, heißt es im Bescheid: "Wolf nähert sich mehrfach Menschen, interessiert sich anscheinend für Menschen, verhält sich aber in keiner Weise aggressiv." Auf APA-Nachfrage im Büro Gruber hieß es, das Tier sei Ende Februar bzw. Anfang März insgesamt 13 Mal bei Höfen und in Siedlungen gesichtet worden, auch bei Bushaltestellen, wo sich Kinder aufhielten. Auf Menschen zugegangen sei der Wolf aber nicht.

Experten hätten die Beurteilung übernommen. "Auf Grund der offenkundig nur sehr eingeschränkten Scheu des gegenständlichen Wolfes vor Menschen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Situationen kommen könnte, die zu einem Angriff eines Wolfs und damit zu einer Gefahr für Menschen, insbesondere auch Kinder, kommen könnte", heißt es in dem Bescheid.

Der WWF sieht diese Einschätzung kritisch. In einer Stellungnahme heißt es, es sei aus den vom Land vorgelegten Unterlagen nicht schlüssig nachvollziehbar, warum die Sichtungen im Bereich menschlicher Siedlungsgebiete nicht zum normalen Verhalten eines Wolfs gehören sollen. Wölfe kämen in der Kulturlandschaft Mitteleuropas zwangsläufig in Kontakt mit Menschen. Eine eingeschränkte Scheu könne man daraus nicht ableiten.
 
Im Wolfsmanagementplan sind neben der im Bescheid genannten einige Verhaltensweisen von Wölfen aufgezählt. Etwa der Punkt "Wolf flüchtet nicht sofort beim Anblick von Menschen und Autos. Bleibt stehen und beobachtet." Bei diesem Verhalten ist demnach kein Handlungsbedarf gegeben, der Wolf nicht gefährlich. Und sollte ein Wolf über längere Zeit in der Nähe von Siedlungen gesehen werden, solle man zuerst mögliche Futterquellen entfernen um eine Konditionierung zu verhindern.
 
Die Kritik des WWF wies Gruber in einer schriftlichen Stellungnahme zurück. Das Vorgehen entspreche "zu 100 Prozent" dem Managementplan und sei mit Experten abgestimmt. Natürlich sei es das Ziel gewesen, den Wolf zuerst zu besendern und dann erst zu vergrämen. "Im Interesse der öffentlichen Sicherheit wurden aber beide Ausnahmegenehmigungen zeitgleich erteilt." Die Genehmigungen laufen laut Bescheid Ende Juli aus.
 
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