Der Oberste Gerichtshof hat entschieden: "Schwarzkappler" dürfen "kurzfristige Anhaltungen" zur Identitätsfeststellung vornehmen.
Wer ohne Ticket mit den Öffis fährt, muss sich in Zukunft wohl oder übel den "Schwarzkapplern" stellen. Kontrolleure dürfen Schwarzfahrer nämlich doch anhalten - kurzfristig um die Identität der Zahlungsunwilligen festzustellen. Diese Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof entschieden und damit ein gegenteiliges Urteil des Oberlandesgerichtes Linz korrigiert, berichtet die Tageszeitung "Die Presse" in ihrer Dienstagausgabe.
Autorität der Kontrolleure
Das Höchstgericht berief sich auf
das "private Selbsthilferecht" nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch
(ABGB) und stellte damit die Autorität der Kontrolleure wieder her, so das
Blatt. Die Regelung diene dazu, zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen,
wenn behördliche Hilfe zu spät komme. Dabei dürfe angemessene Gewalt
eingesetzt werden.
Anhaltungen zur Identitätsfeststellung
Die Begründung: Bei
Schwarzfahrern gehe es um den Fahrpreis und eine Strafe nach den
Beförderungsbedingungen. Das kurzfristige Anhalten zur
Identitätsfeststellung durch die Polizei ist laut OGH daher als "angemessen"
zu qualifizieren.
Handgreiflichkeiten mit Folgen
Vorangegangen war dieser
Entscheidung einer Begegnung zwischen einem Schwarzfahrer und einem
Kontrolleur in Linz, berichtete "Die Presse". Der ertappte Fahrgast
versuchte nach dem Aussteigen aus einer Straßenbahn zu flüchten. Dabei kam
es zu Handgreiflichkeiten zwischen den beiden Männern sowie zwei
Mitarbeiterinnen eines privaten Sicherheitsdienstes, die den Kontrolleur
begleiteten. Die Bilanz: Ein Hörsturz, geprellte Knochen und ein gezerrter
Mittelfinger.
Schwarzfahrer in erster Instanz verurteilt
Der Schwarzfahrer
wurde zunächst in erster Instanz vom Landesgericht Linz wegen
Körperverletzung und versuchter Nötigung verurteilt. Dabei wurde angenommen,
dass der Mann sich gegen eine "maßvolle Anhaltehandlung" zur Wehr gesetzt
habe, so das Blatt. Das Oberlandesgericht urteilte im Februar anders: Der
Kontrolleur und seine Begleiterinnen hatten kein Recht den Schwarzfahrer
anzuhalten.
Nichtigkeitsbeschwerde
Die Generalprokuratur legte anschließend
eine Nichtigkeitsbeschwerde beim OGH ein, der zu der Entscheidung kam, dass
Fahrgäste ohne Ticket sehr wohl angehalten werden dürfen und gab auch ein
Kommentar zum Vorwurf der Nötigung ab: Diese sei ausdrücklich erlaubt, "wenn
die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck
nicht den guten Sitten widerstreitet". Dem Schwarzfahrer aus Oberösterreich
drohen durch das Urteil keine Folgen, da es sich nur um eine
Wahrungsbeschwerde gehandelt habe.